Die "innerbritische Entscheidung" zum Austritt aus der Europäischen Union sei zu respektieren, sagte Angela Merkel im Bundestag. Das war erwartungsgemäß für eine Bundeskanzlerin. Aber dann folgten ungewöhnlich klare Ansagen: Es werde mit den Briten vor deren Brexit-Mitteilung "weder formell noch informell" irgendwelche Verhandlungen über das Danach geben. Das sei "klipp und klar". Noch einmal schob Merkel nach: "weder formell noch informell". Und es werde keine "Rosinenpickerei" für London geben. Ja, das plakativste Wort der Debatte gehörte diesmal der Kanzlerin.
Da klingt Verletztheit mit. Verletztheit nach einer langjährigen Ehe, die in einem "großen Scheidungsprozess" (Volker Kauder) endet, der Monate und Jahre brauche. Spätestens, als Merkel die bleibende Stärke Europas beschwor, spürt man ihr Bemühen, die verbleibenden 27 EU-Staaten zusammenhalten zu wollen, zu müssen.
Der Kanzlerin wird die Debatte nicht gefallen haben, die dann folgte. Da bemängelten Unions-Redner - ausdrücklich oder zwischen den Zeilen - SPD-Positionen und umgekehrt. Man nutzte die Gelegenheit, zum Koalitionspartner zu sprechen oder auch gegen ihn. Und dieses Gezänk von Union und SPD war nicht nur Vorwahlkampf für 2017. Die Koalitionäre setzten sich auch in der aktuellen Debatte um das Tempo des Brexit voneinander ab. Hier warnt man vor "Schnellschüssen", dort wirft man dem britischen Premier Cameron bereits jetzt vor, Zeit zu schinden. Noch sind das kleine Unterschiede. Aber jeder Bruch im Stein fängt mit einem feinen Riss an.
Auch das wird Merkel umtreiben. Das blitzte spätestens auf bei ihren beiden Schlussworten, schon fast im Weggehen. Da sprach sie von schwierigen Zeiten an diesem "historischen Scheideweg". Die Lage - so klang es bei diesen letzten Worten nach zwanzig Minuten ausformulierter Regierungserklärung - ist ernster. Noch ernster.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!