Na klar, das wäre leicht: Jetzt mal ein Zeichen setzen - raus aus Incirlik, raus aus der Türkei mit allen deutschen Soldaten! Dem Despoten vom Bosporus, Recep Tayyip Erdogan, 'mal so richtig zeigen, was eine Harke ist. Drohungen und Provokationen darf man sich nicht länger gefallen lassen!
Doch Trotz oder voreiliges Handeln wären grundfalsch. Natürlich: Erdogan stichelt, wo immer er kann: Zum zweiten Mal ein Besuchsverbot bei der Incirlik-Truppe für Bundestagsabgeordnete, zwei inhaftierte deutsche Journalisten, Hitler-Vergleiche beim Streit um das auch in Deutschland durchgeführte Referendum. Alles schwer zu ertragen - zugegeben.
Es geht um den IS, nicht um Erdogan
Dennoch: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Jetzt heißt es einfach: zäh bleiben, weiterverhandeln und dennoch auf das Besuchsrecht pochen. Dieses hat ja seinen guten Grund: Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Politiker haben den Soldaten im Herbst 2015 das entsprechende Mandat zum Einsatz erteilt. Ziel: Schluss mit dem bestialischen IS-Terror, der schon hunderttausende Menschen das Leben gekostet und Millionen zu Flüchtlingen gemacht hat. Diese Mission muss Motivation bleiben, auf Diplomatie zu setzen. Auch wenn es schwer fällt.
Sigmar Gabriel ist verzweifelt. Deutschlands Chef-Diplomat setzt nun auf die Mithilfe der USA, droht sogar mit dem Ende einer weiteren Bundeswehrmission in der Türkei. Bei seinem Besuch in Washington hat er offenbar die Zusage diplomatischen Beistands der USA im deutsch-türkischen Streit bekommen. Das ist nicht unwesentlich - sind die USA doch die unbestrittene Führungsmacht innerhalb der NATO. Aber auch die Türkei und Deutschland gehören zu diesem Bündnis. Die NATO bleibt Bindeglied beider Länder, und das ist gut so!
Gut auch, dass der Antrag der Grünen und Linken, die 260 Soldaten aus Incirlik sofort abzuziehen, am Donnerstag im Bundestag keine Mehrheit gefunden hatte. Da waren die Regierungsparteien davor. Käme es so - und die Soldaten würden die Türkei verlassen - stünde die NATO geschwächt da, und allein die Terroristen des IS könnten einen Erfolg verbuchen.
Lösung am Rande des NATO-Gipfels?
Derzeit wird nach einem Alternativstandort für die deutschen Soldaten aus Incirlik Ausschau gehalten; Verteidigungsminister von der Leyen sondiert bereits. Ein möglicher Alternativstandort ist Jordanien. Doch abgesehen von enormen Kosten für den Umzug, käme noch ein Nachteil hinzu: Jordanien ist kein NATO-Land wie die Türkei.
Es gibt also nur eine wirklich gute Lösung: Mit der Türkei sprechen. Verhandeln, verhandeln, verhandeln! Am kommenden Donnerstag bietet sich dazu erneut eine Chance, beim NATO-Gipfel in Brüssel. Wie es heißt, wird sich Angela Merkel am Rande der Konferenz mit dem störrischen türkischen Präsidenten Erdogan treffen. Da muss Tacheles geredet werden. Ansonsten gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt!
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