Kann man der griechischen Regierung wirklich trauen? Diese Frage haben die übrigen EU-Finanzminister der Euro-Gruppe, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds mit einem klaren "Ja, aber" beantwortet. Zwar streben die Kreditgeber weiter eine Einigung mit der eher störrischen Links-Rechts-Koaltion in Athen auf eine Auszahlung weiterer Hilfsgelder an, aber eine Art Versicherungspolice wurde verlangt. Griechenland soll nun ein Sparpaket auf Vorrat beschließen, einen Notfallplan, der dann aktiviert wird, wenn die Regierung den Pfad der fiskalischen Tugend verlässt oder das Wirtschaftswachstum zu gering ausfällt.
So war der Plan, bis ihn der griechische Finanzminister Tsakalotos nach Verlassen des Verhandlungssaals wieder umstieß. Vorrats-Beschlüsse könne es nicht geben. Wie bitte? War der Mann auf einer anderen Veranstaltung?
Wie so oft im griechischen Drama um die drohende Staatspleite herrscht mal wieder Unklarheit, was denn nun eigentlich Sache ist. Das für Donnerstag anberaumte Sondertreffen der Euro-Gruppe kann man sich jetzt im Grunde sparen. Den kleinen Vertrauensvorschuss, den die Geldgeber den Griechen gewähren wollten, ist schon wieder verspielt.
Eine echte Garantie, dass auf Vorrat beschlossene Gesetze von der sonst eher schwachen Regierung von Tsipras und Co. auch tatsächlich durchgesetzt würden, hätte es sowieso nicht gegeben. Zumindest der Hoffnung wollten sich die Finanzminister der Eurogruppe aber nur zu gerne hingeben.
Ein Deal muss her, aber welcher?
Alle Seiten hätten große Interessen daran, die nächste Hürde bei der Griechen-Rettung endlich zu nehmen, wenn auch sehr unterschiedliche:
- Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat den europäischen Partnern vorgeheult, er könne jetzt keine weitere Sparmaßnahmen mehr umsetzen, weil seine Parlamentsmehrheit auf nur drei Sitze geschrumpft ist. Er will seine Landsleute vertrösten, dass Sparnahmen, die jetzt auf Vorrat beschlossen würden, am Ende sowieso nie greifen werden.
- Die Geldgeber in der EU wollen eine erneutes Griechen-Drama wie im vergangenen Jahr vermeiden, als das Land haarscharf am Ausstieg aus dem Euro und dem völligen Kollaps vorbeischrammte. Vor allem will die EU vor dem kritischen Referendum der Briten zum Verbleib in der Union im Juni Handlungsfähigkeit beweisen. Das Problem muss jetzt, hier und heute, gelöst werden, bevor es mit dem britischen Wahlkampf vermengt wird. Außerdem wird Griechenland für die Lösung der Flüchtlingskrise gebraucht. Je stabiler das Land, desto besser für den Rückführungsdeal mit der Türkei.
- Der internationale Währungsfonds schließlich will die Versicherungspolice, um notfalls aus der Griechen-Rettung aussteigen zu können. IWF-Chefin Christine Lagarde hat in Amsterdam klar gemacht, dass sie der griechischen Regierung, aber auch der wachsenden Zahl der Griechen-Versteher in der EU nicht über den Weg traut. Sie zweifelt die Zahlen zum Haushaltsüberschuss an, die Griechenland für sich als Erfolg und Entschuldigung für Nachlässigkeit verbuchen möchte.
Pokern nicht erwünscht
Trotz der optimistisch bemäntelten Frühjahrs-Botschaft aus Amsterdam herrscht zwischen Griechenland und seinen Kreditgebern immer noch ein tiefes Misstrauen. Dieses Misstrauen ist leider berechtigt, wie man an der schwankenden Haltung des griechischen Finanzministers sehen kann. Die Hoffnung, dass es für Griechenland und die Euro-Zone ein ruhiger Sommer wird, schwindet.
Im Juli sind 2,6 Milliarden Euro für die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds fällig. Bitte spielt nicht wieder bis zur letzten Sekunde Poker. Es reicht! Und das Publikum außerhalb Griechenlands langweilt sich.
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