Ego-Politik führt die Türkei zu Neuwahlen
Auch das dritte Treffen zwischen der AKP, der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung und der Republikanischen Volkspartei CHP endete am Donnerstag ohne Einigung. Es gebe "keine Grundlage für eine Koalition", sagte der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu.
Das überrascht nicht. Schließlich haben die Parteiführer von AKP und CHP sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Landes, von der Außenpolitik angefangen über die Wirtschaft, Bildung bis hin zu möglichen Verfassungsänderungen. Was allerdings überrascht sind die Worte von CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu. Er erklärte, dass seiner Partei von Anfang an keine Beteiligung an einer Koalition in Aussicht gestellt wurde.
Erfolg war gar nicht gewünscht
Die AKP hat sich also nicht darum bemüht, mit der Bildung einer großen Koalition eine langfristige Lösung für die Probleme des Landes zu finden. Sie hat nur eine Abkürzung auf dem Weg zu Neuwahlen gesucht.
Man habe verstanden, warum die Wähler der AKP nach mehr als einem Jahrzehnt die parlamentarische Mehrheit entzogen haben, sagt die Partei - die Ernsthaftigkeit dieser und anderer Äußerungen darf in Zweifel gezogen werden. Denn wenn es der AKP wirklich um den Willen der Wähler gegangen wäre, dann hätte sie mehr Mühe aufwenden müssen bei der Suche nach einem Koalitionspartner. Stattdessen waren Neuwahlen ihr Ziel.
Auch wenn der nächste Urnengang nun wirklich bevorsteht: Für die AKP gibt es keine Garantie, dass sie mit Neuwahlen ihr Ziel einer absoluten Mehrheit erreicht. Ihre Hoffnung dürfte sich vor allem darauf richten, dass ihr die politische Unruhe und die angespannte Sicherheitslage in die Hände spielen.
Die Kurden wieder aus dem Parlament drängen
Die AKP hofft zudem, dass der prokurdischen Partei HDP nicht noch einmal der Einzug ins Parlament gelingt. Aktuelle Umfragen zeigen jedoch, dass sich die Stimmenverteilung kaum vom Wahlergebnis Anfang Juni unterscheiden dürfte. Die AKP könnte also auch nach Neuwahlen weiter auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Sie ist dennoch bereit, bis November abzuwarten und das Land solange in der Schwebe zu lassen. Ein weiteres Zeichen dafür, dass es der Regierung mehr um die Stärke der eigenen Partei geht, als um das Wohl der Türkei.
Denn die Türkei steht nicht nur in politisch turbulenten Zeiten. Sie ist ernsthaft in ihrer Sicherheit bedroht. Das Militär kämpft nicht nur gegen die kurdische PKK, sondern auch gegen den sogenannten "Islamischen Staat", der auch im Inneren des Landes immer mehr zur Gefahr wird. Spätestens seit dem blutigen Anschlag von Suruc am 20. Juli ist klar, dass das Land dringend eine Regierung braucht, die Stabilität bringt. Gleichzeitig ist die Türkei mit fast zwei Millionen Flüchtlingen konfrontiert, die ohne Jobs, ohne Hoffnung und ohne Perspektive über die Straßen des Landes ziehen.
Vertane Chance
Eine Koalition mit der CHP hätte der AKP zeigen können, wie man auf Teile der Gesellschaft zugeht, die nicht der eigenen Klientel zuzurechnen sind. Das hätte Grundlage werden können für eine Zukunft in Einheit statt Spaltung. Leider hat die AKP diese Chance vertan. Sie hat Zeit verschwendet in einem Moment, in dem die Türkei verzweifelt nach einer starken Führung ruft. Das dürften auch die türkischen Wähler bemerkt haben.
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