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Politik

Kasachstan zieht blutige Bilanz

16. Januar 2022

Bei den Unruhen in der Ex-Sowjetrepublik sind deutlich mehr Menschen als bisher bekannt getötet worden. An der Spitze Kasachstans scheint mittlerweile ein erbitterter Machtkampf zu toben.

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Kasachstan Almaty Sicherheitskräfte
Epizentrum der Proteste: Szene aus Almaty, Kasachstans größter StadtBild: Pavel Pavlov/AA/picture alliance

"Während des Ausnahmezustands wurden die Leichen von 225 Menschen in die Leichenhallen eingeliefert", teilte die Generalstaatsanwaltschaft in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan mit. Unter den in der Millionenstadt Almaty und in anderen Landesteilen Getöteten seien 206 Zivilisten sowie 19 Polizisten und Soldaten.

Am 9. Januar war noch von 164 Toten die Rede gewesen. Die Zahl der Verletzten wird von den Behörden mittlerweile mit knapp 4600 angegeben - mehr als doppelt so viele wie noch am Sonntag vor einer Woche.

Schlag gegen Nasarbajew-Clan 

Derweil wurden zwei Schwiegersöhne von Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew als Chefs großer Energiekonzerne abgesetzt: Dimasch Dossanow habe den Vorsitz des Öltransportunternehmens KasTransOil abgegeben, Kakirat Tscharipbajew den Vorsitz des Gasunternehmens KasakGas, hieß es. Nähere Angaben machte der Staatsfonds der rohstoffreichen Ex-Sowjetrepublik nicht.

Die Entlassungen deuten auf Machtkämpfe infolge der gewaltsamen Proteste hin. Deren Auslöser Anfang Januar waren stark gestiegene Preise für Gas, das als Kraftstoff für Autos genutzt wird. Später weiteten sich die Proteste zu regierungskritischen Demonstrationen im ganzen Land aus. Mehr als 20.000 Menschen sollen daran beteiligt gewesen sein, es gab mehr als 10.000 Festnahmen.

Kasachstan Präsident Kassym-Jomart Tokayev
Seit fast drei Jahren im Amt: Präsident Kassym-Schomart TokajewBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Staatschef Kassym-Schomart Tokajew hatte die Unruhen als "versuchten Staatsstreich terroristischer Kräfte" verurteilt. Seinen Sicherheitskräften erteilte er einen Schießbefehl. Für die Krise verantwortlich machte Tokajew auch mehrere Unternehmen, darunter KazakGas.

Ungewöhnlich scharfe Worte

Tokajew hatte das Präsidentenamt 2019 von Nasarbajew übernommen, der Kasachstan drei Jahrzehnte lang autoritär regierte. Die Machtübergabe schien zunächst geglückt. Im Zuge der Unruhen hatte sich Tokajew jedoch mit ungewöhnlich scharfen Worten gegen seinen einstigen Mentor gewandt. Er warf Nasarbajew, der nach wie vor großen Einfluss im Land haben soll, die Begünstigung einer reichen Elite vor. Mit Geheimdienstchef Karim Massimow wurde ein enger Vertrauter Nasarbajews entlassen und unter dem Verdacht des "Hochverrats" verhaftet.

Konflikt in Kasachstan - Truppenabzug CSTO
Abzug aus Kasachstan: OVKS-Einheiten auf dem Rückweg in ihre HeimatländerBild: Vladimir Voronin/AP/dpa/picture alliance

In den vergangenen Tagen hatte sich die Lage in Kasachstan durch einen von Russland geführten Militäreinsatz der "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) stabilisiert. Die Truppen, die auch aus Belarus, Armenien und den zentralasiatischen Ländern Tadschikistan und Kirgisistan stammen, werden seit Donnerstag in ihre Länder zurückverlegt. Die Operation soll bis kommenden Mittwoch abgeschlossen werden.

wa/rb (afp, dpa)