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Kanada will Blogger Badawi aufnehmen

12. Juni 2015

Er ist der bekannteste Häftling Saudi-Arabiens - weltweit gehen Menschen für den Blogger Raif Badawi auf die Straße. Jetzt legt Kanada ein neues Angebot auf den Tisch. Der diplomatische Druck auf die Saudis wächst.

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Protestkundgebung vor der saudi-arabischen Botschaft in London (22.01.2015) (Foto: dpa)
"Mord auf Raten": Protestkundgebung vor der saudi-arabischen Botschaft in London (22.01.2015)Bild: picture-alliance/dpa/F. Arrizabalaga

Es ist ein diplomatischer Coup: Die Regierung der kanadischen Provinz Québec hat sich zur Aufnahme des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi bereit erklärt, dessen Verurteilung zu tausend Stockhieben weltweit für Proteste sorgte.

"Kanada steht hinter Badawi", sagte Québecs Immigrationsministerin Kathleen Weil. Der Blogger könne seine Einwanderung bei Kanadas Behörden beantragen. In außergewöhnlichen Fällen, "wenn sich ein Mensch im Ausland in Not befindet", werde dafür ein sogenanntest Auswahlzertifikat ausgestellt. In der kommenden Woche soll die Urkunde Badawis Frau, Ensaf Haidar, bei einer feierlichen Zeremonie überreicht werden.

"Weltweite Mobilmachung"

Der Vorstoß hat zunächst freilich nur diplomatische Wirkung. Denn Badawi sitzt in Saudi-Arabien in Haft. Seine Frau und die Kinder sind 2013 geflohen. Sie leben bereits in Kanada.

Weil erklärte, im Zuge einer "weltweiten Mobilmachung" gegen Badawis Verurteilung wolle die Regierung bei Saudi-Arabiens Behörden eine Freilassung des Bloggers erwirken - und ihn mit seiner Familie in Québec zusammenführen.

Verkappte Todesstrafe

Ensaf Haidar, die Frau des inhaftierten saudische Bloggers Raif Badawi (Archivbild: dpa)
Ensaf Haidar, die Frau des inhaftierten saudische Bloggers Raif Badawi (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Das Schicksal Badawis bewegt die weltweite Öffentlichkeit seit Monaten. Der 31-Jährige musste Anfang Januar die ersten 50 von insgesamt 1000 Stockhieben erdulden. Weitere Schläge wurden zunächst aus medizinischen Gründen verschoben. Menschenrechtsgruppen befürchten, der Vollzug der Strafe könne in den kommenden Tagen fortgesetzt werden.

Am Sonntag hatte das höchste Gericht Saudi-Arabiens das Urteil vom vergangenen Jahr bestätigt: Zehn Jahre Gefängnis und insgesamt 20 mal 50 Hiebe wegen angeblicher Beleidigung des Islams. Menschenrechtler sehen darin nichts anderes als eine verkappte Todesstrafe. Von "Mord auf Raten" spricht etwa der Grünen-Politiker Tom Koenigs.

"Grausam, falsch und völlig unverhältnismäßig"

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Strafe für Badawi als "grausam, falsch, ungerecht und völlig unverhältnismäßig". Auch die USA hatten das verbündete Königreich gebeten, das Urteil zu überprüfen. Saudi-Arabien folgt in seiner Rechtsprechung einer strikten Interpretation der islamischen Scharia.

Die Deutsche Welle (DW) hatte Badawi im Februar den "Freedom of Speech Award" zuerkannt - für seinen "mutigen, unerschrockenen Einsatz für das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung". Die Auszeichnung wird am 23. Juni auf dem Global Media Forum der DW in Bonn offiziell verliehen.

jj/fab (afp, cbc)