Joséphine Baker zog im Panthéon ein
30. November 2021Es ist der Ruhmestempel der Nation, die Gedenkstätte für große Persönlichkeiten der französischen Geschichte aus Politik, Kultur und Wissenschaft. Wer im Panthéon von Paris liegt, ist zwar tot, aber auch unsterblich. Unter den 80 dort Beigesetzten sind nur fünf Frauen. Jetzt kam mit Joséphine Baker die sechste hinzu - und die erste schwarze Frau überhaupt.
Nur der französische Präsident darf entscheiden, wer im Panthéon, das von 1764 bis 1790 im Auftrag von König Louis XV. errichtet wurde, zur ewigen Ruhe beigesetzt wird. Und Emmanuel Macron stimmte zu, dass Joséphine Baker, die 1975 in Monaco beerdigt wurde, hier einziehen durfte. Die Zeremonie fand am späten Nachmittag des 30. November statt - dem Tag, als die gebürtige US-Amerikanerin bei ihrer Hochzeit mit dem Franzosen Jean Lion die französische Staatsbürgerschaft erhielt.
In der eineinhalbstündigen Zeremonie, der zahlreiche Schaulustige beiwohnten, würdigte Frankreichs Staatschef Baker als mutige Kämpferin für Menschlichkeit und gegen Rassismus und betonte, es sei ihr vor allem um die Gleichheit aller gegangen. Sie ziehe in das Panthéon ein, weil sie Frankreich liebte und als US-Amerikanerin französischer als die Franzosen gewesen sei, sagte Macron in seiner Rede: "Sie ist die Verkörperung des französischen Geistes geworden."
Zum Auftakt des Staatsakts erklang Bakers Lied "Me revoilà Paris" ("Ich bin wieder da, Paris"), dann schulterten Soldaten der Luftwaffe den Sarg und trugen ihn ins Panthéon. Allerdings ist Bakers Einzug in die Ruhmeshalle nur symbolisch, denn auf Wunsch ihrer Familie bleiben ihre sterblichen Überreste in Monaco, wo sie zusammen mit ihrem fünften und letzten Ehemann und ihrem Sohn Moïse auf dem Marinefriedhof ruht - ganz in der Nähe des Grabes von Grace Kelly, der US-Schauspielerin und späteren Fürstin von Monaco. Die beiden Frauen stammten aus unterschiedlichen Welten und waren doch eng befreundet. Im Pariser Panthéon soll fortan eine Gedenktafel an Joséphine Baker erinnern; in ihrem Sarg befindet sich nur Erde - von vier verschiedenen Orten, an denen sie einst gelebt hat: aus ihrem Geburtsort Saint-Louis in den USA, aus Paris, aus dem Schlosspark von Milandes in der Dordogne, wo sie 20 Jahre lang residierte, und aus Monaco.
Petition an den Präsidenten
Seit 2013 hatte sich Bakers Adoptivsohn Brian Bouillon-Baker zusammen mit Gleichgesinnten für die Aufnahme seiner Mutter ins Panthéon stark gemacht. 38.000 Unterschriften erhielt die Petition, die man Macron vorgelegt hatte und die Joséphine Bakers Verdienste in wenigen Worten zusammenfasst: "Sie war eine Künstlerin, der erste schwarze internationale Star, eine Muse der Kubisten, eine Widerstandskämpferin im Zweiten Weltkrieg in der französischen Armee, aktiv an der Seite von Martin Luther King im Kampf für die Bürgerrechte."
"Als der Präsident ja sagte, war die Freude groß", so die Fürsprecherin und Unternehmerin Jennifer Guesdon zur Nachrichtenagentur AFP. Und Brian Bouillon-Baker ergänzte: "Ein denkwürdiger Tag."
Kein leichter Start ins Leben
Als Joséphine Baker am 03.06.1906 in den Slums von St. Louis im Bundesstaat Missouri in den USA als uneheliche Tochter einer Schwarzen und eines weißen Spaniers das Licht der Welt erblickte, hat wohl niemand gedacht, dass sie einst in Frankreichs Allerheiligem im Herzen von Paris an der Seite von Voltaire, Jean-Jacques Rousseau, Victor Hugo, Émile Zola oder Marie Curie die endgültige Ruhe finden würde.
Als Kind arbeitete sie als Hausmädchen bei reichen Weißen, half bei einer Theatertruppe als Ankleidemädchen aus und sprang dort mit 16 Jahren ein, als eine Tänzerin krank wurde. Es war der Beginn einer beispiellosen Karriere. Auf der Bühne eroberte Joséphine Baker die Welt. In den 1920er-Jahren machte sie den "Hot Jazz" in Paris, Berlin und Rom salonfähig; legendär ihr wilder Tanz in einem Röckchen aus 16 Bananen. Im berühmten Varietétheater "Folies Bergère" in Paris war sie Stammgast, mit der "Revue Nègre" tourte sie quer durch Europa.
In ihrer US-amerikanischen Heimat allerdings erlebte Baker bei einer Tournee massive rassistische Anfeindungen. Nach der Show musste sie durch den Dienstboteneingang verschwinden. Enttäuscht wurde sie 1937 endgültig französische Staatsbürgerin - durch ihre Heirat mit dem französischen Juden und Großindustriellen Jean Lion.
Widerstand: Gegen Hitler und gegen Rassismus
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 und die Besetzung Frankreichs durch Hitlers Wehrmacht veränderte das Leben von Joséphine Baker grundlegend. Sie arbeitete für das Rote Kreuz und wurde Agentin der französischen Widerstandsbewegung "Résistance". Dafür verlieh ihr General Charles de Gaulle nach Kriegsende das Band der französischen Ehrenlegion.
Zeit ihres Lebens kämpfte sie gegen Rassismus. In ihrem Schloss "Les Milandes" in der Dordogne adoptierte sie zwölf Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religion; ihre "Regenbogen-Familie" war für sie ein Symbol der Toleranz. 1963 marschierte sie an der Seite von Martin Luther King bei dem legendären "Marsch auf Washington" mit, um gegen den Rassismus in den USA zu protestieren.
Am 12. April 1975 starb Joséphine Baker im Alter von 68 Jahren an Herzversagen und wurde in Monaco beigesetzt. Posthum wird ihr jetzt also die höchste Ehre zuteil, die Frankreich für die Großen der Nation vorgesehen hat - die Beisetzung im Panthéon: "Aux grands hommes, la patrie reconnaissante" steht dort seit 1791 in Stein gemeißelt: "Das Vaterland gedenkt seiner großen Menschen."
In ihrer ehemaligen Heimat wurde Joséphine Baker schon am Montagabend (29.11.2021) geehrt. In New York erstrahlte das Empire State Building in den Farben Frankreichs: blau, weiß und rot. Es handle sich um eine Würdigung für die "erste schwarze Frau, die in die Ruhmeshalle aufgenommen wurde", hieß es auf dem Twitter-Account des berühmtesten Wolkenkratzers der Stadt.
Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels vom 22.08.2021.