Italiens Senat entmachtet sich selbst
13. Oktober 2015Der italienische Regierungschef sprach von der "Mutter aller Reformen". Matteo Renzi hatte die Neustrukturierung der Staatsverwaltung stets als wichtige Wendemarke in seinen Plänen zur Modernisierung des Landes betrachtet. Nun beschloss der Senat in Rom die auch in seiner eigenen Partei umstrittene Verfassungsreform, mit der Renzi mittelfristig für mehr politische Stabilität und Handlungsfähigkeit sorgen will.
Größe und Zuständigkeiten der zweiten Parlamentskammer sollen drastisch beschnitten werden. Mit der Reform wird die Zahl der Senatoren von 315 auf 100 verringert. Fünf von ihnen werden vom Staatspräsidenten direkt ernannt, die übrigen vertreten die Regionen und Städte. Der Senat darf jetzt nur noch über eine eng begrenzte Zahl von nationalen Gesetzen mitentscheiden. Er wird auch nicht mehr gefragt, um der Regierung das Vertrauen auszusprechen.
Bisher hatten Abgeordnetenhaus und Senat in Italien die gleichen Kompetenzen. Dieses "perfekte Zwei-Kammer-System" wurde als ineffizient kritisiert, da Gesetzesvorhaben oft endlos lange zwischen beiden Kammern hin und her wanderten, bis sich Ober- und Unterhaus einig waren. Mit der Verfassungsreform werden auch Kompetenzen in den Bereichen Verkehr, Energie und Infrastruktur von den Regionen an die italienische Zentralregierung rückverlagert. Dies soll Genehmigungsverfahren bei Investitionsprojekten erleichtern. Kritiker meinen, dass dadurch der Föderalismus in Italien geschwächt wird.
Über die Reform war heftig debattiert worden. Auch der linke Flügel von Renzis Demokratischer Partei (PD) hatte lange Zeit opponiert. Mit dem Senatsvotum vom Dienstag gilt die entscheidende Hürde als genommen. Für das Reformpaket stimmten 179 Senatoren bei 16 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen. Zahlreiche Senatoren der Opposition hatten vor dem Votum den Saal verlassen.
Nach einer Drei-Monats-Frist müssen beide Kammern noch in dritter Lesung abstimmen, dabei gilt eine absolute Mehrheit als sicher. Da höchstwahrscheinlich keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt, könnte die Opposition noch ein Referendum erzwingen.
SC/sti (dpa, afp, rtr)