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Irans Kampf gegen IS

Hossein Salehi12. September 2014

Teheran bezeichnet die Terrormiliz als "Gefahr für den gesamten Nahen Osten" und will die neue Regierung im Irak im Kampf gegen IS unterstützen. Auch iranische Militäreinheiten sollen bereits im Nachbarland operieren.

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Parade iranischer Streitkräfte in Teheran (Foto:afp)
Bild: Atta Kenare/AFP/Getty Images

Die Terrormiliz Islamischer Staat sei eine Gefahr für den gesamten Nahen Osten, betonte Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif vor kurzem in einem Interview mit dem iranischen Staatsfernsehen. Der neuen Regierung im Irak müsse bei der Terrorismusbekämpfung geholfen werden, so Sarif. Er appellierte für eine umfassende internationale Aktion gegen die Terrormiliz. Eine Zusammenarbeit mit den USA gegen den IS wollte er dabei nicht ausdrücklich ausschließen.

Das Interview fällt wohl nicht ganz zufällig in eine Zeit, in der US-Präsident Barack Obama nach Verbündeten im Kampf gegen den IS sucht – in Europa genauso wie im Nahen Osten. Eine Zusammenarbeit mit dem Iran spricht Obama dabei zwar nicht explizit an. Inoffiziell habe diese jedoch schon längst begonnen, meint Houschang Hassan Yari, Professor für Politische Wissenschaft am Royal Military College of Canada (RMC-C). "Washington weiß über alle iranischen Aktivitäten im Irak Bescheid. Der Iran muss die USA nicht um Erlaubnis bitten, wenn er im Irak tätig wird. Aber Teheran würde nicht im Irak agieren, ohne die USA darüber zu informieren. Beide Staaten haben nun ein gemeinsames Ziel und das heißt: die Terrormiliz 'Islamischer Staat' zu besiegen," so Hassan Yari gegenüber der DW.

Waffenlieferungen und Eliteeinheiten

So beliefert auch der Iran schon seit einiger Zeit die Kurden im Nordirak mit Waffen. Am 27. August bestätigte Massud Barsani, der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, was längst vermutet wurde: Barsani zufolge war der Iran sogar das erste Land, das militärisches Material zur Abwehr des IS in den Nordirak geschickt hat. Dabei verbietet ein seit Jahrzehnten bestehendes US-Waffenembargo den Import und Export von Rüstungsgütern und Wehrmaterial nach und aus dem Iran. Die Waffen-Lieferungen für den Irak hatte Teheran offiziell nie bestätigt.

Qassem Suleimani, der Anführer der iranischen Quds-Brigaden (Foto:entekhab)
Qassem Suleimani, der Anführer der iranischen Quds-Brigaden, bei einem besuch im NordirakBild: entekhab

Arabische und US-amerikanische Medien berichten darüber hinaus von iranischen Soldaten, die im Irak an der Seite kurdischer Einheiten gegen die Extremisten kämpfen. Diese Operationen sollen von Qassem Soleimani persönlich geleitet werden. Soleimani ist Kommandeur der Quds-Brigaden, einer für Auslandseinsätze zuständigen Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden. Teheran hat allerdings wiederholt die Teilnahme iranischer Soldaten im Kampf gegen IS im Nachbarland dementiert. Angesichts der Tatsache, dass die ultrakonservative, sunnitische IS-Miliz bereits große Teile Nordiraks erobert hat und kurz vor den iranischen Grenzen steht, hält Houschang Hassan Yari Irans Dementi jedoch für nicht sehr glaubhaft: "Die IS-Miliz ist eine ernsthafte Bedrohung für den Iran. Sie will weitere Gebiete unter ihre Kontrolle nehmen. Auch der Iran soll ein Teil des Islamischen Staats werden. Doch der Iran würde derartige Auslandseinsätze seiner Eliteeinheiten nie zugeben."

Sorge um eigene sunnitische Minderheiten

Die Stabilität des überwiegend schiitischen Nachbarlands Irak ist für den Iran von großer Bedeutung, nicht nur weil jährliche hunderttausende Iraner zu den heiligen Stätten der Schiiten in Nadschaf und Kerbala pilgern. Der Iran besitzt selbst größere sunnitische Minderheiten, insbesondere entlang der knapp 1.500 Kilometer langen Grenze zum Irak. Während im Norden vor allem sunnitische Kurden beheimatet sind, leben im ölreichen Südiran eher arabischstämmige Minderheiten. Sie klagen schon seit Jahren darüber, von Teheran diskriminiert zu werden. Sie fordern mehr sprachliche und kulturelle Rechte und eine Beteiligung an den Gewinnen aus der Ölförderung.

Junge sunnitische Mullahs im Iran
Junge sunnitische Mullahs im Iran (Foto:erfanabad)Bild: Erfanabad

Die Kurden im Norden wiederum träumen von der Schaffung eines unabhängigen Kurdistan, das Teile der Türkei, Syriens und des Iraks umfassen soll. Auch deshalb hat die Regierung in Teheran ihre Grenztruppen Ende Juli in Alarmbereitschaft versetzt. Die Unterstützung der Kurden im Iran sei auch eine strategische Entscheidung, erläutert der iranische Nahost Experte Hassan Hashemian: "Der Iran will im Kampf gegen die IS-Terroristen seine eigene Koalition bilden. Die Kurden sollen dadurch beruhigt werden, dass die Zentralregierung in Teheran ihnen im Kampf gegen IS zur Seite steht und sie genauso unterstützt wie die westlichen Länder. Nun ist die Frage, in wie weit die arabisch-stämmigen Sunniten und die arabischen Länder der Region diese Koalition akzeptieren und unterstützen", so Hashemian weiter.

Teherans Einfluss in Bagdad

Eine entscheidende Rolle wird dabei auch Iraks neue Regierung unter Ministerpräsident Haider al-Abadi spielen, die in der vergangenen Woche im irakischen Parlament vereidigt wurde. Hashemian bezweifelt, dass die neue Regierung die Erwartungen der arabischen Länder auf Veränderungen im Irak erfüllen werde. In deren Augen stehe sie zu sehr unter dem Einfluss des Iran. So soll Teheran großen Einfluss auf die Regierungsbildung im Irak ausgeübt haben. Al-Abadis Vorgänger als Ministerpräsident, Nuri al-Maliki, war oft vorgeworfen worden, dem Iran zu nahe zu stehen. Dennoch hat al-Maliki als neuer Vizepräsident auch in der neuen Regierung ein wichtiges Amt behalten. Zudem soll Teheran Iyad Alawi, den ehemaligen Ministerpräsidenten der irakischen Übergangsregierung, als Außenminister verhindert haben. Stattdessen wurde Ibrahim Jafari Außenminister - der Kandidat Teherans. "Jafari wird die Außenpolitik von Maliki fortsetzen", erwartet Hashemian. "Der Irak soll weiterhin in seiner Außenpolitik iranische Positionen vertreten. Daran wird sich nichts ändern."

Iraks neuer Premierminister Haider al-Abadi (Foto: Reuters)
Iraks neuer Premierminister Haider al-AbadiBild: Reuters/Hadi Mizban