Iran mit schwindendem Einfluss auf Huthis
6. Februar 2022In den vergangene drei Wochen ist das Gebiet der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Ziel einer Serie von Drohnen- und Raketenangriffen durch die Huthi-Rebellen im Jemen geworden. Auch während des Besuchs des israelischen Präsidenten Izchak Herzog in Abu Dhabi Ende Januar kam es zu einem Raketenangriff, bei dem aber niemand verletzt wurde. Bei einem nach eigener Aussage von den Huthis verantworteten Drohnen- und Raketenbeschuss am 17. Januar waren drei Gastarbeiter getötet worden. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die "abscheulichen terroristischen Angriffe" auf die VAE und Saudi-Arabien. Zu einem Angriff am vergangenen Mittwoch bekannte sich eine bislang wenig bekannte Gruppe, Alwiyat al-Waad al-Haq ("Die Brigaden des gerechten Rufs").
Brüchige "Achse des Widerstands"
Die Huthi-Rebellen und die Al-Waad al-Haq-Brigaden haben eines gemeinsam: Sie unterhalten direkte oder indirekte militärische Kontakte zum Iran. Sicherheitskräfte der VAE gehen davon aus, dass die Al-Waad al-Haq-Brigaden Verbindungen zu pro-iranischen Milizen im Irak haben. Die dort in den sogenannten "Volkmobilisierungseinheiten" zusammengeschlossenen schiitischen Milizengruppen stehen unabhängigen Studien zufolge unter dem Kommando der iranischen Revolutionsgarden, von denen sie auch ausgebildet, beraten und teilweise finanziert werden. Auch die Huthis, die sich 2015 gegen die jemenitische Regierung erhoben und damit den bis heute andauernden Bürgerkrieg in dem Land an der Südspitze der Golfhalbinsel auslösten, werden vom Iran unterstützt.
Der Iran sehe die Huthis zwar als Teil der sogenannten "Achse des Widerstands" gegen Israel und die USA, zu der auch die libanesische Hisbollah, die irakischen Milizen und das syrische Regime gehören, sagt der Politologe Hamidreza Azizi von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Jedoch unterschieden sich die Huthis von den anderen Partnern des Iran. Zum einen seien sie weniger stark als etwa die libanesische Hisbollah an Teheran gebunden, zum anderen unterstünden sie nicht dem iranischen Kommando- und Kontrollsystem.
Unabhängige Operationen der Huthis
Die militärisch gut gerüsteten Huthis und noch mehr die Al-Waad al-Haq-Brigaden handeln demnach weitgehend autonom. Sie attackieren Saudi-Arabien und die VAE auf eigene Entscheidung hin und setzen diese unter einen militärisch kaum berechenbaren und darum zermürbenden Druck. Ziel der Angriffe ist es, die beiden Staaten zum Rückzug aus dem Krieg im Jemen zu bewegen. Denn ohne den Beistand der von Saudi-Arabien geführten Allianz hätten die Huthis die jemenitische Regierung längst gestürzt. Jene führt den Kampf vor allem aus der Luft. Bei Luftangriffen der Anti-Huthi-Koalition sollen seit 2015 fast 9000 Zivilisten um Leben gekommen sein.
Die Rolle Irans bei der jüngsten Serie von Raketen- und Drohnenangriffen der Huthis ist trotz des Bündnisses in der "Achse der Widerstrands" unklar. Denn der Iran und die VAE hätten längst damit begonnen, sich einander anzunähern, sagt Hamidreza Azizi von SWP. "Daher ist es schwer vorstellbar, dass Teheran die Angriffe gesteuert oder grünes Licht dafür gegeben hat. Vielmehr wurden von iranischer Seite vermehrt Forderungen laut, den Krieg im Jemen auf diplomatischem Wege zu beenden, was Teherans Besorgnis über die möglichen längerfristigen Auswirkungen der derzeitigen Eskalation zeigt."
Die VAE gehen offenbar davon aus, dass Teheran mäßigenden Einfluss auf die Huthi-Rebellen ausüben kann. Der Außenminister der VAE, Scheich Abdullah bin Zayed Al-Nahyan, beschwerte sich laut der emiratischen Nachrichtenagentur WAM in einem Telefonat mit seinem iranischen Amtskollegen über die "terroristischen Angriff der Huthi-Rebellen auf die VAE". Es gelte die Eskalation in der Region zu stoppen, und eine politische Lösung für den Jemen zu finden, resümiert WAM die Aussage des Ministers.
"Iranisch-arabische Gesamtlösung nicht absehbar"
Hamidrezah Azizi weist darauf hin, dass sich die Beziehungen Irans zu den VAE bereits verbessert haben und unter Vermittlung des Irak bereits ein Dialogprozess auch mit Saudi-Arabien eingeleitet sei. "Eine Annäherung zwischen dem Iran und seinen arabischen Nachbarn in der gesamten Region halte ich allerdings für unwahrscheinlich", schränkt er ein. "Dazu sind der Unmut aufeinander und das Gefühl der Bedrohung auf beiden Seiten zu groß."