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Politik

Holocaust-Leugner: Die Geschichte negieren

21. November 2016

Die Vernichtung der Juden ist historisch bestätigt. Dennoch gibt es Menschen, die den Genozid auch mehr als 70 Jahre danach beharrlich leugnen. In vielen Ländern Europas ist das strafbar. Nun urteilt ein Gericht erneut.

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Deutschland Judenstern Rampe KZ Auschwitz
Bild: picture-alliance/IMAGNO/Austrian Archives

Sie ist 88 Jahre alt und offensichtlich unbelehrbar. Zum wiederholten Male muss sich ein Gericht mit ihr und ihrem Geschichtsbild befassen. Diesmal das Amtsgericht Verden. Ursula Haverbeck ist in juristischen Fachkreisen bundesweit bekannt. Seit Jahren beschäftigt sie die Gerichte im westfälischen Detmold, in Hamburg und Berlin und im westfälischen Bad Oeynhausen. Immer wieder ermitteln Staatsanwaltschaften wegen des Straftatbestandes der Volksverhetzung gegen sie. In rechtsextremen Kreisen ist die rüstige Greisin populär. Sie leugnet den Holocaust und schafft es sogar noch im hohen Alter, Tumulte im Gerichtssaal anzuzetteln.

Beim Detmolder Auschwitz-Prozess gegen einen SS-Wachmann hatte sie im Februar dieses Jahres versucht, in den Verhandlungssaal zu gelangen. Auschwitz war in ihren Augen kein Vernichtungs- sondern nur ein Arbeitslager und den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden hält sie für "die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte". Ursula Haverbeck ist nicht das prominenteste Beispiel für die Leugnung des historisch und juristisch international anerkannten Verbrechens Nazi-Deutschlands gegen die Juden, aber das aktuellste.

Prominente Leugner: David Irving...

Schon seit langem beschäftigt David Irving Justiz, Politik und Medien mit seinen Thesen zum Zweiten Weltkrieg im Allgemeinen und dem Holocaust im Besonderen. Der Brite, der Ende der 1950er Jahre als Stahlarbeiter im Ruhrgebiet arbeitete und dabei fließend Deutsch lernte, hat mehr als 30 Sachbücher über die Zeit des Nationalsozialismus geschrieben. Bekannt wurde er 1963 mit dem Buch "Der Untergang Dresdens", in dem er mit gefälschten Dokumenten die Opferzahlen um ein Vielfaches erhöhte.

David Irving steht in Wien vor Gericht
Auf dem Weg in den Wiener Gerichtssaal: David Irving am 20. Februar 2006Bild: AP

Galt er zunächst als unkonventioneller Rechercheur, dessen Verdienst es war, bis dahin unbekannte Quellen zu erschließen, wird er seit Ende der 1980er Jahre von der Geschichtswissenschaft nicht mehr ernst genommen. Damals trat er erstmals als Holocaust-Leugner in Erscheinung. Seitdem zeigte er sich regelmäßig Seite an Seite mit Rechtsextremen, vornehmlich in Deutschland.

Hitler habe weder die Judenvernichtung befohlen noch davon gewusst, das zählt zur Kernbotschaft seiner geschichtsrevisionistischen Überzeugungen. Irving wurde wegen seiner Äußerung, in Österreich habe es keine Konzentrationslager gegeben, vom Wiener Landgericht zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Zwei Drittel seiner Strafe saß er ab, seitdem hat er in zahlreichen Ländern Einreiseverbot.

1993 bezeichnete die US-amerikanische Historikerin Deborah Lipstadt Irving als "authentischen Holocaust-Leugner", der in seinen Büchern Sachverhalte verfälsche und Dokumente manipuliere. Irving erstattete Anzeige wegen Verleumdung und leitete damit seinen finanziellen Ruin ein. Der Londoner High Court wies die Klage im Jahr 2000 ab. Richter Charles Gray fasste zusammen: "Er ist ein Nazi-Anhänger, Polemiker, Antisemit und Rassist, der sich mit Rechtsextremisten zusammentut, um den Neonazismus zu fördern." Die Prozesskosten gingen mit rund 2,5 Millionen britischen Pfund zu Lasten Irvings.

… und Bischof Richard Williamson

Ähnlich hohe Wellen schlagen seit Jahren die Thesen eines hohen Geistlichen der katholischen Kirche. Der britische Bischof Richard Williamson leugnet die Judenvernichtung und wurde damit der bekannteste Vertreter der Pius-Bruderschaft. Das ist eine abtrünnige, nur der Tradition verpflichtete Priester-Bruderschaft, die 1970 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet wurde. Sie lehnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab, das die katholische Kirche unter anderem für die Ökumene und Religionsfreiheit geöffnet und das Judentum als Heilsweg anerkannt hatte.

Richard Williamson
Ankunft in Heathrow: Bischof Richard Williamson am 25. Februar 2009 kurz vor seiner BerufungsverhandlungBild: picture-alliance/dpa

Williamson seinerseits hatte 2008 die Existenz von Gaskammern glatt bestritten. Außerdem hatte er behauptet, es seien allenfalls 200.000 bis 300.000 Juden getötet worden. Gesagt hatte er das in das Mikrofon eines schwedischen Journalisten. Da Williamson wusste, dass Holocaust-Leugnung in Deutschland ein Straftatbestand ist, der mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet wird, bat er darum, das Interview nur in Schweden und nicht über das Internet zu publizieren. Was der schwedische Journalist ignorierte. Das Amtsgericht Regensburg verurteilte Williamson daraufhin in Abwesenheit zu 100 Tagessätzen zu je 100 Euro. Die Pius-Bruderschaft schloss Williamson 2012 wegen anderer Meinungsverschiedenheiten als Mitglied aus.

Mit Paragraphen gegen Leugner

Wie andere Länder mit Holocaust-Leugnern umgehen, ist höchst unterschiedlich. In den USA deckt das Recht auf freie Meinungsäußerung auch, die Vernichtung der Juden abzustreiten. Das gilt auch in Großbritannien. Aus diesem Grund hat sich David Irving bevorzugt in diesen Ländern geäußert.

Dagegen ist die Leugnung des Holocaust mittlerweile in mehreren anderen Ländern Europas ein Straftatbestand. In Österreich wird seit 1992 bestraft, wer "den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht". Zwei Jahre zuvor hat auch Frankreich die Ahndung dieses Delikts zum Gesetz erhoben.

In Belgien und Luxemburg gilt die historische Leugnung als strafbar, in Tschechien und Polen ebenfalls. Hier allerdings mit dem Zusatz, dass auch die Leugnung kommunistischer Verbrechen geahndet werden. Anders in Spanien. Dort stand die Leugnung des Holocaust bis 1995 unter Strafe. 2007 entschied das Verfassungsgericht, dass das Gesetz gegen das Recht der Meinungsfreiheit verstoße.