Regierungspartei in Georgien vorn
8. Oktober 2016Nach Auszählung von 63 Prozent der Wahlkreise komme die Partei von Regierungschef Giorgi Kwirikaschwili auf fast 50 Prozent der Stimmen, teilte die Wahlkommission in der Hauptstadt Tiflis mit. Die liberale Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung (UNM) liegt demnach bei knapp 27 Prozent.
Die Abstimmung gilt als richtungsweisend, weil die Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer eine Annäherung an EU und NATO anstrebt. Zugleich liegt die Führung in Tiflis seit einem Krieg gegen Russland 2008 im Streit mit Moskau. Georgien will die Kontrolle über die abtrünnigen pro-russischen Gebiete Abchasien und Südossetien zurück.
Die Stimmung im Wahlkampf war aufgeheizt, und vereinzelt gab es Attacken auf Kandidaten. Die großen Parteien warfen sich Provokationen vor. In einer Ortschaft südlich der Hauptstadt Tiflis hatten am Wahltag Dutzende Menschen ein Wahllokal angegriffen und Sicherheitskräfte mit Steinen beworfen.
"Ich habe für eine stabile, friedliche, demokratische und europäische Entwicklung Georgiens gestimmt", sagte Regierungschef Giorgi Kwirikaschwili. Seine linksliberale Partei Georgischer Traum (GD) hofft auf eine Bestätigung des EU- und Reformkurses. Die Regierung erwartet zudem eine Aufhebung der Visumspflicht für Reisen in die EU.
Mehr Wachstum und Jobs nötig
Deutschland hatte diesen Prozess aber nach Berichten über georgische Kriminelle in der Bundesrepublik gebremst. Nach Ansicht von Beobachtern sind viele Georgier vom GD enttäuscht. Vor allem Menschen mit geringeren Einkommen hatten mehr Wachstum und Jobs erwartet.
Die liberale Vereinten Nationalen Bewegung (UNM) will nach vier Jahren Opposition zurück an die Macht. Sie gilt weiterhin als Stütze des umstrittenen Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, der in seiner Heimat per Haftbefehl gesucht wird und derzeit als Gouverneur das ukrainische Gebiet Odessa führt. Saakaschwili war als Held der so genannten Rosenrevolution 2003 an die Macht gekommen. Später waren er und seine UNM in Verruf geraten, weil ihnen eine autoritäre Führung vorgeworfen wurde.
Saakaschwili hatte trotz drohender Verhaftung eine Rückkehr in seine Heimat angekündigt. Später ruderte er jedoch zurück. "Egal wie die Wahlen ausgehen, ich plane nicht, die Ukraine zu verlassen", sagte er der Agentur IPN zufolge. Einen Besuch in Tiflis schloss er nicht aus.
uh/cr (dpa, afp)