Herrscher Eritreas schuld an Massenflucht
8. Juni 2015Ermittler der Vereinten Nationen zeichnen in ihrem jüngsten Bericht das Bild einer Schreckenherrschaft in dem nordafrikanischen Staat: mit willkürlichen Hinrichtungen, systematischer Folter - darunter auch Vergewaltigungen - sowie sexueller Versklavung, "die den Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen könnten". Verantwortlich dafür ist laut den UN-Experten die Führung in Asmara. Für Hunderttausende Eritreer sei die Flucht der einzige Ausweg aus einem System brutalster Unterdrückung und Verfolgung.
Weite Teile der Bevölkerung des Staates am Roten Meer (etwa 6,4 Millionen Einwohner) seien zudem Zwangsarbeit, einem zeitlich unbefristetem Militärdienst sowie ungesetzlichen Inhaftierungen ausgesetzt, heißt es in dem Report der vom Genfer Menschenrechtsrat eingesetzten Untersuchungskommission. Das Regime von Staatschef Issaias Afewerki, der in den 1990er Jahren auch von manchen westlichen Politikern als fortschrittlicher Hoffnungsträger für Afrika gepriesen worden war, stützt sich demnach auf einen gewaltigen Sicherheits- und Geheimdienstapparat.
"Die Informationen, die dieses alles durchdringende Kontrollsystem sammelt, werden in absoluter Willkür verwendet, um die Bevölkerung in ständiger Angst zu halten", bilanziert der 500-Seiten-Bericht. "In Eritrea herrscht nicht das Recht, sondern die Angst", konstatiert die dreiköpfige Ermittlergruppe unter Leitung des Australiers Mike Smith.
In ihrer Verzweiflung riskierten die Menschen "tödliche Fluchtrouten durch Wüsten und Bürgerkriegsländer und den gefährlichen Seeweg über das Mittelmeer". Fast 360.000 Eritreer sind nach UN-Angaben derzeit als Flüchtlinge in Europa registriert, so viel wie aus keinem anderen afrikanischen Staat. Die meisten Eritreer leben in Schweden, Deutschland und der Schweiz.
Die UN appellierten an alle Staaten, eritreische Asylsuchende nicht zur Rückkehr zu zwingen. Das Regime bestrafe "jeden, der versucht, das Land ohne Genehmigung zu verlassen".
Die eritreische Regierung hat den UN-Ermittlern jegliche Zusammenarbeit verweigert und sie nicht einreisen lassen. Grundlage ihres Berichts seien daher 550 vertrauliche Interviews mit Zeugen außerhalb Eritreas sowie 160 schriftliche Berichte von Betroffenen. Viele potenzielle Zeugen hätten selbst in Asylländern noch aus Angst vor Übergriffen sowie vor Repressalien gegen zurückgebliebene Verwandte Aussagen vor den Ermittlern abgelehnt, hieß es in Genf.
SC/stu (dpa, rtre, afpe)