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Herpes-Mittel mit Zukunftspreis 2018 ausgezeichnet

27. November 2018

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den diesjährigen Zukunftspreis an Entwickler eines neuartigen Herpes-Medikamentes verliehen. Weitere Teams kamen aus dem Bereichen Maschinenbau und Chemie.

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Deutscher Zukunftspreis 2018 | Team 2 | Schutz bei fehlendem Immunsystem
Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an diesem Mittwochabend die Entdecker und Entwickler eines Herpes-Medikamentes als Sieger des Deutschen Zukunftspreises bekanntgegeben.  Den Preis verleiht der Bundespräsident für Erfindungen, die bereits einen Durchbruch in der Industrie erreicht haben, und damit das Leben der Menschen verbessern. Hier die Gewinner: 

Schutz gegen lebensgefährliche Herpesviren bei Organ-Transplantation

Helga Rübsamen-Schaeff und Holger Zimmermann haben sich mit ihrer Wuppertaler Firma AiCuris der Bekämpfung gefährlicher Viren verschrieben. Rübsamen-Schaeff hatte AiCuris 2006 als Ausgründung von Bayer ins Leben gerufen.

Eines der Viren, an denen sie forschte, ist das menschliche Cytomegalievirus (CMV). Dieses Herpesvirus ist weit verbreitet und kommt bei fast allen Menschen in Entwicklungsländern und bei etwa der Hälfte der Menschen in Industrieländern chronisch vor. Das Virus verursacht selten Symptome, ist aber bei den Betroffenen ein ganzes Leben lang vorhanden.

Zum Problem wird CMV immer erst dann, wenn Patienten unter einem geschwächten Immunsystem leiden. Dann kann die Virusinfektion ausbrechen und Organe angreifen, den Magen-Darm-Trakt schädigen und sogar zur Erblindung führen. 

Weitere ehemalige Nominierte: 3D-Druck hält Einzug im Flugzeugbau

Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 2 (Helga Rübsamen-Schaeff und Holger Zimmermann) mit einem Viren-Schutz bei fehlendem Immunsystem
Helga Rübsamen-Schaeff und Holger Zimmermann unterdrücken mit ihrem Medikament Herpes-Infektionen. Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Besonders gefährlich ist es, wenn Patienten eine Knochenmarks-Transplantation erhalten. In dieser Zeit haben sie keinen eigenen Immunschutz und müssen ihn erst mit der Zeit wieder aufbauen. Eine CMV-Infektion kann in dieser Übergangsphase tödlich enden.

Hier kann eine CMV-Prophylaxe namens Letervomir die Patienten schützen. Sie wurde von Rübsamen-Schaeff entwickelt und gemeinsam mit Zimmermann zur Marktreife gebracht. Es handelt sich um ein Enzym - einen sogenannten "nicht-nukleosidischen CMV-Inhibitor" - der die Virus-Vermehrung blockiert und hemmt.

Auch Menschen, die eine Nierentransplantation erhalten, kann das Medikament helfen. Und bei Neugeborenen, deren Mutter an CMV erkrankt ist, kann die Prophylaxe schwere Schädigungen des Nervensystems abwenden.  

Die Sieger von 2017: Deutscher Zukunftspreis: Jedermann-Roboter holt den Sieg

Und hier die beiden weiteren nominierten Teams und ihre Erfindungen: 

Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 1 (Manfred Wittenstein und Thomas Bayer) mit einer neuen Getriebegattung
So sieht das Getriebe der Zukunft aus: Die Zähne greifen vollflächig in die Aussparungen und halten viel besser. Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Das Zahnrad neu erfunden

Getriebe bestehen aus Zahnrädern, die komplex ineinander greifen. Sie übertragen die Drehungen, die Motoren erzeugen, so geschickt, dass Antriebe von Maschinen immer die gewünschte Geschwindigkeit bekommen und genug Kraft aufbringen.

Herkömmliche Getriebe haben aber eine Schwäche: Es sind immer nur relativ wenige Zahnräder gleichzeitig an der eigentlichen Kraftübertragung in einem Getriebegang beteiligt. Die Oberfläche mit der ein einzelner Zahn auf das gegenüberliegende Zahnrad trifft ist immer nur ein ganz schmaler Streifen. Und die Gänge, in denen eine Maschine häufig läuft, nutzen sich schneller ab. 

Daher haben die beiden Ingenieure Manfred Wittenstein und Thomas Bayer das Zahnrad quasi neu erfunden: Sie haben es in viele kleinere Einzelzähne zerlegt, die so angebracht sind, dass sie bei der Kraftübertragung einen vollständigen Flächenkontakt mit dem gegenüber liegenden Zahnrad haben.

Durch eine bessere Geometrie gelingt es, die Oberfläche deutlich zu vergrößern. Das reduziert die Abnutzung der Zähne, erhöht den Wirkungsgrad und die Lebensdauer des Getriebes um ein Vielfaches. 

Die Sieger von 2016: Carbonfaser-verstärkter Beton gewinnt den Deutschen Zukunftspreis

Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 1 (Manfred Wittenstein und Thomas Bayer) mit einer neuen Getriebegattung
Manfred Wittenstein und Thomas Bayer beliefern Maschinenbauer weltweit mit ihren Spezialgetrieben. Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Die neuen Getriebe sind steifer gegen Drehbelastungen, erzeugen weniger unerwünschte Schwingungen, laufen ruhiger und lassen sich auch präziser steuern. Werkzeugmaschinen laufen mit den neuen Getrieben besser und Metallbearbeiter - etwa an einer Drehbank - können ihre Werkstücke damit schneller fertigstellen. 

Die Sieger von 2015: Lungenhochdruck ist kein Todesurteil mehr

Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 2 (Helga Rübsamen-Schaeff und Holger Zimmermann mit ihrer Wuppertaler Firma AiCuris) haben Schutz gegen Viren bei fehlendem Immunsystem entwickelt
Pipettierung bei der Forschung an antiviralen Medikamenten bei AiCuris in WuppertalBild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Die Sieger von 2014: Deutscher Zukunftspreis für die Lupine

Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 3 (Peter Wasserscheid und Wolfgang Arlt, beides Professoren an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Daniel Teichmann, Geschäftsführer der Hydrogenious Technologies GmbH ) haben flüssige Wasserstoffspeicher entwickelt
Die LOHC Trägerflüssigkeit wird auch dann nicht leicht entzündlich, wenn darin elementarer Wasserstoff gespeichert ist Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Wasserstoff sicher speichern – warum nicht in Flüssigkeit?

Alle sind sich einig, dass Wasserstoff ein wichtiger Energieträger der Zukunft sein wird. Das Element ist praktisch unbegrenzt vorhanden und lässt sich einfach durch Elektrolyse mit Ökostrom herstellen. Auch ist es recht einfach, daraus wieder Strom zu gewinnen: Mit Brennstoffzellen geht das gut kontrolliert und ziemlich sicher.

Nur die Speicherung macht den Ingenieuren nach wie vor Sorgen. Wasserstoff kann zwar wie andere technische Gase auch unter Druck gespeichert oder verflüssigt werden, aber das ist nicht ganz einfach. Das Gas ist extrem leicht entzündlich - in Verbindung mit Sauerstoff sogar hochexplosiv.

Der heute übliche Speicherdruck liegt bei 700 bar. Das ist mehr als das Doppelte von üblichen Luftdruckflaschen. Bei einer Verflüssigung sind Temperaturen unter -250 Grad Celsius nötig. Beides ist aufwendig und teuer. 

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Deutscher Zukunftspreis 2018: Team 3 (Peter Wasserscheid und Wolfgang Arlt, beides Professoren an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Daniel Teichmann, Geschäftsführer der Hydrogenious Technologies GmbH ) haben flüssige Wasserstoffspeicher entwickelt
Peter Wasserscheid, Wolfgang Arlt und Daniel Teichmann legten die Grundlage für eine sichere Wasserstoff-Logistik Bild: Deutscher Zukunftspreis/A. Pudenz

Um das Problem zu lösen, haben sich Peter Wasserscheid und Wolfgang Arlt, beides Professoren an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Daniel Teichmann, Geschäftsführer der Hydrogenious Technologies GmbH eine ganz andere Lösung erdacht: Der Wasserstoff wird in einer ungefährlichen Trägerflüssigkeit chemisch gebunden, kann dann ganz normal transportiert werden - etwa in Tankwagen oder Pipelines und wird dann bei Bedarf wieder aus der Flüssigkeit freigesetzt.

Die Flüssigkeit selbst bleibt als flüssiges Leergut für einen neuen Einsatz zurück. Das Ganze nennt sich LOHC-Technologie (liquid organic hydrogen carrier). Die Trägerflüssigkeit ist ein Kohlenwasserstoff namens Dibenzytoluol.

Die Chemikalie ist zwar nach der EU-Gefahrstoffkennzeichnung als "gesundheitsgefährdend" definiert, aber nicht als giftig. Sie ist schwer entflammbar, nicht explosiv, damit noch einfacher handhabbar und weniger risikobehaftet als herkömmliche Treibstoffe wie Benzin oder Diesel. Damit wäre also der weitflächige Aufbau von Wasserstofftankstellen auch aus Sicherheitsaspekten kein Problem.

Schon jetzt kommt LOHC dort zum Einsatz, wo Industriebetriebe auf eine sichere Versorgung mit Wasserstoff angewiesen sind, unter anderem in den USA. Und Wasserstofftankstellen, die damit beliefert werden sind ebenfalls schon im Bau - in Deutschland, China und Finnland.

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen