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Grütters: "Anstrengungen verstärken und bündeln"

Tania Krämer, Jerusalem15. Juni 2014

Israel und Deutschland wollen künftig enger zusammenarbeiten, wenn es um das Aufspüren von Nazi-Raubkunst geht. Kulturstaatsministerin Monika Grütters unterzeichnete eine Absichtserklärung in Jerusalem.

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Porträt von Monika Grütters (Foto: Stephanie Pilick/dpa )
Bild: picture-alliance/dpa

Gemeinsame deutsch-israelische Projekte, bei denen es um NS-Beutekunst geht, sollen in den kommenden Jahren auf der fachlichen und politischen Ebene ausgebaut werden. Vor allem bei der Provenienzforschung, der Suche nach der Herkunft von Kulturgütern, sollen sich die Experten gegenseitig besser austauschen. Schon jetzt sind israelische Experten im Schwabinger Kulturfonds bei der Aufarbeitung des Falls Gurlitt dabei. Die Provenienzforschung gewann 1998 mit der Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung an Bedeutung. Die 44 Unterzeichnerstaaten, darunter auch Deutschland, haben sich damit verpflichtet, Kunstwerke, die während des Zweiten Weltkriegs ihren Besitzer wechselten oder beschlagnahmt worden waren, in Museen und öffentlichen Kunstbeständen ausfindig zu machen. Die DW sprach in Jerusalem mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

DW: Frau Staatsministerin Grütters, Sie haben die NS-Raubkunst, die Restitution von Kunstwerken und die Provenienzforschung zur "Chefsache" erklärt. Fast 70 Jahre nach Kriegsende - über welchen Umfang sprechen wir da eigentlich noch?

Monika Grütters: Als Kunsthistorikerin ist es für mich schwierig, das zu quantifizieren. Wir wissen nur vom Umfang des menschlichen Leids, das hinter jedem Objekt und seiner Geschichte wieder aufschimmert. Und es geht es uns weniger um den materiellen Ausgleich, als darum, an diese Leidensgeschichte und die zerstörten Biographien zu erinnern. Wir wollen uns auch dazu verpflichten, diesen Ausgleich in unserer Geschichte wenigstens durch das Anerkennen der Opferbiographien zu leisten. Tatsache ist: Es ist seit der Washingtoner Konferenz 1998 auch in Deutschland sehr viel passiert, wir haben mehr als 90.000 Objekte erforscht und zurückgegeben. Aber das ist dann leider immer nur der Anfang, wie immer wieder spektakuläre Fälle in Museen, aber jetzt auch der private Fall Gurlitt zeigen.

Deutschland und Israel wollen in Zukunft enger zusammenarbeiten, wenn es um dieses immer noch sehr sensible Thema geht. Wo genau wollen Sie ansetzen?

Ich freue mich, dass Limor Livnat, die israelische Kulturministerin, mich spontan im Februar, wenige Wochen nach meinem Amtsantritt, gebeten hat, deutsche Provenienzforscher in israelische Museen zu schicken um dabei mitzuhelfen, die dortigen Kunstwerke und Judaica (jüdisches Kunsthandwerk, Anm. d. Red.) auf ihre Herkunft zu überprüfen. Wir wissen, dass über 40 Prozent der Judaica-Bestände aus Deutschland kommen, sie sind von Auswanderern und Flüchtlingen mitgebracht worden. Über deren Herkunft herrscht doch vielfach Nebel, insofern ist das ganz wichtig, auch hier Aufklärung zu leisten. Deutsche Forscher sind in mittlerweile großem Maß spezialisiert, wir haben ein großes Netzwerk an Experten in der Provenienzrecherche, und auch in deutschen Museen, in jüdischen Museen in Frankfurt und in Berlin, gibt es vielfach angesammeltes Wissen, das wir hier hoffentlich nutzen können.

DW: Der Fall Gurlitt hat in den letzten Monaten die Debatte dominiert. Deutschland wird in dem Zusammenhang immer wieder dafür kritisiert, dass die generelle Aufarbeitung bei der Restitution von NS-Raubkunst so lange dauert. Was wollen Sie denn anders machen?

Wir möchten die Anstrengungen verstärken und bündeln. Bisher sind viele Instrumente, die es in Deutschland in der Gesamtheit gibt, nicht wahrgenommen worden, zumal es keine konzentrierte Öffentlichkeitsarbeit gab. Und es ist ja auch eine juristisch und kunsthistorisch schwierige komplexe Materie, es braucht also Expertenwissen und eine vernünftige Entwicklung. Wenn man den Weg eines Kunstwerkes vom Anfang bis Ende ermitteln will, dann dauert das immer sehr lange. Gerade, wenn es in erster Linie darum geht herauszufinden, ob es früher einen jüdischen Besitzer gegeben hat, der sich unter Druck von diesem Werk trennen musste. Deshalb versuchen wir bei Gurlitt diese Fragen sehr schnell sichtbar zu machen, damit die inzwischen sehr alten Alteigentümer oder deren Nachfahren zumindest noch die Rückgabe oder die Klärung des Sachverhalts erleben.

An Institutionen, die über Nazi-Raubkunst forschen, mangelt es nicht. Wie also muss man es sich vorstellen, dass die Arbeit effizienter wird?

Wir möchten unsere Anstrengungen tatsächlich bündeln, ich habe die Bundesleistungen finanziell verdoppelt von 2 Millionen bisher auf 4 Millionen für 2014, ab 2015 wird es 8 Millionen des Bundes für die Aufarbeitung solcher Provenienzfälle geben. Wir werden das in einem "Deutschen Zentrum Kulturgutverluste" zusammenfassen, das seinen Sitz in Magdeburg haben wird, wo es schon die LostArt Datenbank und die Koordinierungsstelle gibt. Die Arbeitsstelle für Provenienzrecherche, die ja vor allem auf Archive, Dokumente und Bibliotheken angewiesen ist, wird in weiterhin in Berlin bleiben. Wir werden auch jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit dort abstellen, damit wir uns stärker an anonyme Privatbesitzer wenden können als bisher und natürlich an öffentliche Museen in kommunaler, Landes- oder Bundesträgerschaft.

Monika Grütters (CDU) ist seit Dezember 2013 Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Kunsthistorikerin ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages und war von 2009 bis 2013 Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien.