Goldgräber finden mumifiziertes Mammut-Baby
27. Juni 2022Spektakuläre archäologische Funde im eisigen Permafrost-Boden sind sonst eher aus dem russischen Sibirien bekannt, doch diese Nachricht kommt aus Nordamerika: Bei der Suche nach Gold stießen Minenarbeiter am Eureka Creek südlich von Dawson City im Nordwesten Kanadas plötzlich auf etwas Hartes im Schlamm.
Bei ihrem außergewöhnlichen Fund handelt es sich um ein überraschend gut erhaltenes, mumifiziertes Wollhaarmammutbaby. Das weibliche Jungtier ist "das am vollständigsten erhaltene mumifizierte Mammut, das in Nordamerika gefunden wurde", teilte die Regierung des Territoriums Yukon mit.
Ähnlich wie im Osten Russlands tauen durch den Klimawandel auch in Kanada und Alaska allmählich die Permafrostböden auf. Dies brachte am Yukon bereits einige beeindruckende Fossilien zum Vorschein. Aber mumifizierte Überreste mit Haut und Wollhaaren, die so gut erhalten sind wie der jetzige Fund, werden nur extrem selten entdeckt.
"Wunderschön" und perfekt erhalten
Vertreter der indigenen Tr'ondek Hwech'in First Nation gaben dem Mammut-Baby den Namen Nun cho ga (zu Deutsch: Großes Tierbaby).
Ersten Schätzungen zufolge war das 140 Zentimeter große Tier bei seinem Tod etwa einen Monat alt. Das Mammut hat "winzig kleine Finger- und Fußnägel, die noch nicht ganz ausgehärtet sind", so der hinzugerufene Yukon-Paläontologe Grant Zazula. Vermutlich war Nun cho ga während der Eiszeit gestorben und lag dann mehr als 30.000 Jahre lang im Permafrost.
"Als Eiszeit-Paläontologe war es einer meiner Lebensträume, einmal einem echten Wollmammut zu begegnen. Dieser Traum ging heute in Erfüllung", begeisterte sich Zazula. "Nun cho ga ist wunderschön und eines der unglaublichsten mumifizierten Eiszeittiere, die je auf der Welt entdeckt wurden. Ich bin gespannt darauf, mehr über sie zu erfahren."
Imposante Erscheinung
Bereits vor rund 300.000 Jahren bevölkerten die pflanzenfressenden Wollhaarmammute die weiten Steppen und Tundren Nordamerikas und Eurasiens. Vor rund 13.000 bis 11.000 Jahren starben sie auf dem Festland aus - nur auf einigen abgelegenen arktischen Inseln existierten sie noch einige Jahrhundert länger bis ins Holozän, also bis zur beginnenden Warmzeit.
Wollhaarmammute, mit ihren langen geschwungen Stoßzähnen und mächtigen Körpern, waren eine imposante Erscheinung. Mit ihren zottigen, wasserabweisenden Pelzen und dicken Schichten aus isolierendem Fett konnten sie den eisigen Temperaturen bis -50 Grad Celsius trotzen. Ihre Ohren und Schwänze waren verhältnismäßig klein, um möglichst wenig Körperwärme abzugeben. Ein großes Fettlager im Nacken diente vermutlich in besonders kalten Wintern als zusätzliche Wärme- und Fettreserve.
Das jetzt entdeckte Mammut ist erst das zweite Wollhaarmammut-Jungtier, das in Nordamerika entdeckt wurde. 1948 waren Teile eines Mammutkalbs, das später Effie genannt wurde, in einer Goldmine im US-Bundesstaat Alaska gefunden worden.
Ein weiteres Wollhaarmammut war 2007 in Sibirien aus dem Permafrost freigelegt worden. Das Lyuba genannte Exemplar soll Schätzungen zufolge etwas 42.000 Jahre alt sein.
Wollhaarmammute sollen geklont werden
Der gut erhaltenen Mammutfund dürfte auch das Interesse des US-Genforschers George Church von der Harvard University in Cambridge wecken. Er hatte 2021 ein Start-Up mit dem Namen Colossal gegründet, dass mittels Gentechnik die ausgestorbenen Wollhaarmammute wieder auferstehen lassen will.
Da das bislang vorliegende Genmaterial eines Mammuts nicht ausreicht, um Wollhaarmammute zu klonen, wollte Church mit der Gen-Schere CRISPR-Cas9 Zellen des bedrohten Asiatischen Elefanten mit gefundenen Urzeit-Genen des Mammuts kombinieren.
"Ziel ist es, einen kälteresistenten Elefanten zu schaffen, der aber wie ein Mammut aussehen und sich so verhalten wird", so Church. Eine Leihmutter soll dann das hybride Mammut austragen. Bereits 2027 könnte laut Church das erste Kalb geboren werden.
Die Mammuts könnten dazu beitragen, dass der Permafrostboden weniger schnell schmelze und dadurch das Freisetzen klimaschädlicher Treibhausgase in den tiefgefroren Böden verhindert werden könne, behauptet US-Genforscher Church. Die Mammuts würden den Schnee feststampfen und so das Auftauen der Böden erschweren.
Allerdings gibt es in der Fachwelt erhebliche Zweifel an dieser Theorie - und vor allem an dem ökologischen Sinn einer solchen Neuansiedlung von geklonten Wollhaarmammuten.