Ghosn flüchtete in türkischen Privatjets
3. Januar 2020Der frühere Nissan- und Renault-Chef habe für seine Flucht aus Japan in den Libanon Jets der türkischen Firma MNG genutzt. Das erklärte die Charter-Firma auf ihrer Webseite. Ein Privatflugzeug des Unternehmens sei von Dubai nach Osaka bestellt worden. Dort sei Ghosn zugestiegen und nach Istanbul geflogen. Ein zweiter Jet habe ihn von dort nach Beirut gebracht. Die beiden Flugzeuge seien "illegal" benutzt worden. Die Firma habe Anzeige erstattet, "um jene zu belangen, die beteiligt waren".
Ein Mitarbeiter habe zugegeben, Dokumente gefälscht zu haben, heißt es weiter. Die zwei Buchungen hätten scheinbar nicht miteinander in Verbindung gestanden, und Ghosn sei nicht als Passagier aufgeführt gewesen. Der Mitarbeiter habe ohne Wissen der Firmenleitung gehandelt.
Piloten vor Gericht
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, dass in der Türkei sieben mutmaßliche Helfer festgenommen wurden. Darunter seien vier Piloten. Sie würden verdächtigt, Ghosn bei der Flucht mit einem Privatjet geholfen zu haben. Sie seien bereits dem Gericht vorgeführt worden.
Nachdem MNG durch die Medien erfahren habe, dass wohl Ghosn an Bord der Jets gewesen war, sei eine Untersuchung eingeleitet worden, hieß es in der Stellungnahme. Am 1. Januar habe man Anzeige erstattet. Die Jets gehörten MNG nicht, würden aber von der Firma betrieben.
Strenge Auflagen
Ghosn steht in Japan wegen Untreue und finanziellen Fehlverhaltens beim japanischen Renault-Partner Nissan unter Anklage. Er war im vergangenen Frühjahr gegen eine Millionen-Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden und wurde während seines Hausarrests streng überwacht. Unter anderem wurde ihm verboten, das Land zu verlassen.
Ghosn hat die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. Er gilt als Architekt des internationalen Autobündnisses zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi.
Auslieferung unwahrscheinlich
Unterdessen hat der Libanon über die internationale Polizeibehörde Interpol einen Haftbefehl für den Automanager erhalten. Der Antrag basiere auf einer so genannten "red notice", der die Behörden auffordert, eine gesuchte Person mit dem Ziel der Auslieferung festzunehmen.
Doch es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass Beirut den Manager nach Japan ausliefert - es besteht kein Auslieferungsabkommen zwischen beiden Ländern. Die libanesische Regierung ließ bereits erklären, Ghosn habe das Land auf legalem Wege betreten und es gebe keinen Anlass, Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen. Aus Justizkreisen hieß es inzwischen allerdings, Ghosn solle in der kommenden Woche befragt werden.
pgr/mak (dpa, rtr, afp, ap)