Stuttgart zeigt Anfänge von Richter und Co.
12. April 2019Die Stuttgarter Staatsgalerie zeigt zum ersten Mal die Werke aller vier Meister gemeinsam in einer Ausstellung: "Die jungen Jahre der Alten Meister", so der Titel, versammelt Arbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren, als sich Deutschland - eben auch dank der vier Meister - wieder auf die Landkarte des weltweiten Kunstzirkus setzte und so an Vorkriegserfolge anknüpfte.
Die vier deutschen Maler zählen unbestritten zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern: Im Kunstkompass 2018 der Zeitschrift "Capital" rangieren Gerhard Richter, Georg Baselitz und Anselm Kiefer auf den Plätzen 1, 3 und 6. Das Ranking listet seit 1970 die weltweit gefragtesten lebenden Künstler auf. Auch der 2010 verstorbene Sigmar Polke war zu Lebzeiten Dauergast in diesem erlauchten Kreis. Bei Auktionen erzielen die Werke des Quartetts jeweils Millionenbeträge, die Bilder Gerhard Richters (oben) zählen zu den teuersten eines lebenden Künstlers überhaupt.
Historische Umbrüche
In Deutschland begannen Künstlerinnen und Künstler in den 1960er Jahren, analog zu den Umbrüchen an den Universitäten, die muffigen Strukturen der Nachkriegszeit aufzubrechen. Die vier in Stuttgart ausgestellten Maler bezeichneten sich zwar als unpolitisch, ihre Werke wurden im Ausland dennoch als Belege für ein kritisches Deutschland gefeiert, das seine nationalsozialistische Vergangenheit aufarbeitet.
"Sie haben auch durch ihr Werk den Blick auf unser Land verändert und tief geprägt", sagte bei der Eröffnung Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Schirmherr der Ausstellung in der Stuttgarter Staatsgalerie. Das schließe den Blick aus dem Ausland wie den "Blick auf uns selber" ein. Keiner der vier Künstler sei ohne die nationalsozialistische Vergangenheit denkbar, betonte Steinmeier.
Doch auch für die Künstler selbst standen die frühen 1960er Jahre im Zeichen des Wandels: Bis auf Anselm Kiefer stammen sie alle aus der DDR und machten im Westen Deutschlands Karriere. Schon im Vorfeld hatte die Stuttgarter Ausstellung, die anschließend auf Tournee durch weitere Museen gehen soll, Kritik hervorgerufen: "Soll das wirklich heißen, dass man die Herren als die wichtigsten Künstler der Welt verkaufen will? Woran soll sich das festmachen - an Auktionsrekorden? Und was sagen Jeff Koons und David Hockney dazu?", ätzte das Kunstmagazin Monopol.
Rund 100 Frühwerke sind nun vom 12. April bis zum 11. August in Stuttgart zu sehen, die drei noch lebenden Künstler des Quartetts haben die Ausstellung mit Leihgaben unterstützt. Begleitet wird die Schau von einer zeitgeschichtlichen Dokumentation der 1960er Jahre im Foyer der Staatsgalerie, die damalige politische Ereignisse und die neue Popkultur darstellt.
Anschließend gastiert die Ausstellung in den Deichtorhallen Hamburg.
tla/sd (dpa/Staatsgalerie Stuttgart/Monopol)