Sigmar Polke ist tot
11. Juni 2010"Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen." Das Gemälde aus dem Jahr 1969 wurde zu einer Ikone der Nachkriegsmalerei in Deutschland. Es nimmt den Kult um das Genie genauso aufs Korn wie alles Abmühen um Modernität in der Kunst. Und es macht deutlich, mit welch subversivem Humor Polke zu Werke ging.
Der geheimnisvolle Künstler
Polke war ein Mann, der mit offenen Augen durch die Welt ging. Freunde und Sammler schildern den großen Maler als neugierig und humorvoll. In den Medien aber ließ er sich so gut wie nicht blicken. Je bekannter er wurde, desto mehr zog er sich ins Private zurück. Statt Interviews zu geben verbrachte er die Zeit lieber in seinem Atelier, wo er mit allerlei Materialien und Gerätschaften herumexperimentierte.
Die Ergebnisse lassen sich sehen: Polkes Name steht heutzutage auf allen wichtigen Listen internationaler bedeutender Künstler. Im Laufe seines Lebens ist er mit allerlei Preisen überhäuft worden, für seine Bilder zahlen Sammler inzwischen Millionen. Das aber war nicht immer so. Auf dem Kunstmarkt war Polke im Vergleich mit Kollegen wie Gerhard Richter oder Georg Baselitz eher ein Spätzünder. Doch er zog nach, inzwischen hält sich sein Marktwert stetig in den oberen Reihen.
"Alchimist der Kunst"
Polkes Bildsprache lässt sich keiner Stilrichtung eindeutig zuordnen, was unter anderem eben jener Experimentierfreudigkeit zu verdanken ist. Er setzte Bilder aus überdimensionalen Rasterpunkten zusammen, verwendetet synthetische Flauschdecken, gestreiften Schlafanzugstoff oder auch Plastikfolien als Bildträger. Seine Motive fand er in der Werbung, in der Zeitung oder auch in Filmen oder Comics. Sein Atelier glich dabei zuweilen eher einem Chemielabor. Spektakulär waren seine Experimente mit sich verändernden Hydrofarben. Heraus kamen wärmeempfindliche Bilder, die je nach Tagestemperatur in andere Farben leuchteten. Ein alchimistisches Schauspiel, das er 1986 auf der Biennale in Venedig vorführte und für das er prompt den "Goldenen Löwen" des Festivals bekam.
Studiert hatte Polke in den 1960er Jahren als Schüler von Joseph Beuys an der staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. In dieser Zeit begründete zusammen mit Gerhard Richter eine neue Stilrichtung, den "Kapitalistischen Realismus" - eine Karikatur der Sehnsüchte der deutschen Nachkriegsgesellschaft. In den 1970ern dann war er viel unterwegs: Er reiste durch Mexiko, Australien und Pakistan, ausgerüstet mit einer Kamera, immer auf der Suche nach neuen Motiven. Zuletzt lebte und arbeitet er in Köln, wo er am Freitag (11.06.2010) nach einem längeren Krebsleiden starb.
Autorin: Petra Lambeck (dpa)
Redaktion: Aya Bach