Gauck warnt vor Alleingängen
8. März 2016Wegen der gemeinsamen Erfahrungen und Überzeugungen seien die Länder Europas verpflichtet, Menschen, die politisch verfolgt werden oder vor den Folgen von Krieg und Terror fliehen, aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren, stellte Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Staatsbankett in Brüssel fest.
Zugleich wachse aber die Herausforderung, diese Menschen zu integrieren. "Wir vernehmen auch Bedenken in unserer Gesellschaft, manche Mitbürger warnen vor einer Überforderung", sagte Gauck. Dies müsse ernst genommen werden - "jedenfalls dann, wenn es sich um echte Besorgnis handelt und nicht um altes Ressentiment oder die Propagierung von Stereotypen."
Vom Königspaar begrüßt
Der Bundespräsident und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt waren am Morgen in Brüssel von König Philippe und Königin Mathilde mit militärischen Ehren begrüßt worden. Nach Gustav Heinemann 1974 und Roman Herzog 1998 ist Gauck der dritte Bundespräsident, der Belgien einen Staatsbesuch abstattet. Er folgt damit einer Einladung von König Philippe. Im August 2014 war Gauck erstmals in dem Land, um in Löwen, Lüttich und Mons an Gedenkveranstaltungen zum hundertsten Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs teilzunehmen.
Gespräche mit Premierminister Michel
Der Besuch jetzt gilt der Pflege der nachbarschaftlichen Beziehungen mit Stationen in Brüssel, Antwerpen, Mechelen, Lüttich und Eupen. Gauck wird Gespräche mit belgischen Politikern führen wie dem Premierminister Charles Michel sowie Industrieanlagen wie den Hafen von Antwerpen und das Audi-Werk in Brüssel besuchen. Bei seinen Gespräche geht es auch um die Situation der deutschen Minderheit in Belgien. Im Osten des Landes, vor allem in der Grenzregion zu Aachen, leben knapp 80.000 deutschsprachige Belgier. Sie bilden neben den französischsprachigen Wallonen und den Niederländisch sprechenden Flamen eine eigenständige Gemeinschaft.
In mehreren Zeitungsinterviews vor seiner Reise hatte Gauck betont, es gebe zwischen den Nachbarländern keine ernsthafte Verstimmung. Deutsche Kritik an der Sicherheit belgischer Atomkraftwerke in Grenznähe oder Sorgen wegen terroristischer Aktivitäten nach den Anschlägen von Paris waren im Nachbarland zum Teil auf Unverständnis gestoßen.
uh/wl (dpa, afp)