Gauck: Frieden ist nicht selbstverständlich
21. Juni 2016Angesichts europafeindlicher Strömungen in vielen Ländern hat Bundespräsident Joachim Gauck vor einem Rückfall in nationalistische Positionen gewarnt. "Wir wollen nicht vergessen, welches Unheil der Nationalismus über Europa gebracht hat. Der Frieden in Freiheit ist in Europa keine Selbstverständlichkeit", sagte er in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Es sei ihm "rätselhaft", wie manche glauben könnten, dass vitale Interessen wie Sicherheit, Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaftswachstum von einzelnen europäischen Staaten wirkungsvoller geschützt und global vertreten werden könnten als von der Europäischen Union, sagte er.
Grundsatzrede in der Nationalbibliothek von Bukarest
Gauck sprach in der Nationalbibliothek von Bukarest (Foto) - zwei Tage vor dem britischen Referendum über einen Austritt aus der Europäischen Union. Auf die gesamte EU bezogen kritisierte Gauck "Bewegungen, die sich selbst patriotisch nennen, aber nationalistisch genannt werden müssen". Dies seien Strömungen der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus. Europa sei einem "hochgefährlichen Ansturm negativer Affekte" ausgesetzt. Dagegen sei nichts notwendiger als Vernunft - "Leidenschaft für Vernunft", sagte Gauck.
Die Basis für die Zukunft Europas seien gleiche Rechte und Pflichten für alle. "Niemand darf den Eindruck haben, es gebe in Europa Meister und Lehrlinge", fügte er hinzu. Die EU sei eine Wertegemeinschaft, die auf den Menschenrechten, der Meinungs- und Religionsfreiheit, den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Gleichberechtigung von Mann und Frau aufgebaut sei. Auf dieser festen Grundlage dürfe dann über Lebens- und Gesellschaftsformen gestritten werden.
Nächste Station ist Hermannstadt
Gauck hält sich seit Montag in Rumänien auf. Nach seiner europapolitischen Grundsatzrede wird er nach Sibiu (Hermannstadt) in Siebenbürgen reisen. Die Stadt ist das Zentrum der deutschsprachigen Minderheit. Der Bundespräsident wird von seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt begleitet. Auch der aus Rumänien stammende Musiker Peter Maffay gehört zur Delegation. Am Mittwoch fliegt Gauck dann nach Bulgarien weiter.
sti/fab (dpa, afp)