Gauck spricht in Rumänien über Bündnistreue
20. Juni 2016Eigentlich geht es beim Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck in Rumänien um die engen und freundschaftlichen Beziehungen beider Länder. Aber wenige Tage vor dem Brexit-Referendum und wenige Wochen vor dem Nato-Gipfel in Warschau rücken andere Themen in den Vordergrund.
Die deutsche Diplomatie bemühe sich, Gesprächstüren nach Moskau offen zu halten, sagte Gauck während seines Staatsbesuchs in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Die Äußerungen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bedeuteten keine Absage an die Minsker Vereinbarungen über eine Friedenslösung für die Ukraine.
Steinmeier vermisst den Dialog
Am Wochenende hatte Steinmeier vor dem Hintergrund von Großmanövern unter Teilnahme von Nato-Staaten wie zuletzt die Übung "Anakonda" in Polen gewarnt, "durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen". Mit "symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze der Nato" dürften keine Vorwände für eine Konfrontation geliefert werden, forderte er.
SPD in Richtung Linke eingeschwenkt?
Beim Koalitionspartner Union löste der SPD-Politiker damit heftige Kritik aus: Sämtliche Entscheidungen innerhalb der Nato habe Deutschland mitgetragen, hieß es in der Union. Manche sprachen von "Wahltaktik" und nannten Steinmeier sogar einen "Putin-Versteher". Nachdem auch noch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel - ebenfalls am Wochenende - öffentlich über ein Mitte-Links-Bündnis nachgedacht hatte, hieß es von der FDP, Gabriel und Steinmeier seien bereits "in Richtung Linkspartei eingeschwenkt".
Gauck sagte dazu in Bukarest: "Wenn führende Politiker sich Gedanken machen, wie ein besseres Gesprächsklima hergestellt werden kann zu Moskau, dann kann das ja wohl nicht bedeuten, dass das gleichzeitig ein Abrücken ist von Vertragstreue, die für uns Deutsche selbstverständlich ist."
Gauck fordert Bekenntnis zu Europa
Zugleich forderte er - zwei Tage vor dem Brexit-Referendum in Großbritannien - ein klares Bekenntnis zur Zukunft Europas. Nach einem Gespräch mit dem rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis sagte Gauck, Rumänien stehe treu zur europäischen Idee. Bei dem Treffen ging es auch darum, wie Rumänien in der Korruptionsbekämpfung und Rechtsstaatlichkeit voran kommt. Rumänien ist seit 2007 Mitglied der EU.
Iohannis würdigte das deutsche Staatsoberhaupt als "Symbol der antikommunistischen Revolution in der DDR". Am Dienstag hält Gauck in Bukarest eine europapolitische Grundsatzrede, bevor er nach Hermannstadt (Sibiu) in Siebenbürgen reist. Die Stadt ist das Zentrum der deutschsprachigen Minderheit in Rumänien.
uh/se (afp, dpa)