Endspiel um die Glaubwürdigkeit
Ist das nun das Ende der Koalition und damit der gerade erst seit drei Monaten im Amt befindlichen Bundesregierung? Es spricht vieles dafür. Wenn Horst Seehofer am Montag von seiner CSU bekommen wollte, was er bekommen will, und dann sofort ins Werk setzt, bleibt Kanzlerin Merkel keine andere Wahl, als ihren Bundesinnenminister zu entlassen. Dass es sich dabei um den CSU-Vorsitzenden handelt, kann ihr nicht ganz egal sein - aber Rücksicht kann sie darauf ebenso wenig nehmen. Schließlich sind es nicht die Parteigremien der CSU, die darüber bestimmen können, was die Bundeskanzlerin tut.
Beide könnten nachgeben
Sie können nicht einmal Seehofer vorschreiben, was er als Bundesinnenminister zu tun hat. Um den Koalitionsbruch abzuwenden, könnte dieser die Anordnung, an der Grenze Zurückweisungen wieder einzuführen, noch zwei Wochen liegen lassen. Dass er und die CSU aber darauf beharren müssen, steht seit dem Augenblick fest, als Seehofer - damals noch als bayerischer Ministerpräsident - von einer "Herrschaft des Unrechts" gesprochen hatte. Knickt er jetzt ein, ist seine Glaubwürdigkeit hin. Das meinte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, als er vom "Endspiel um die Glaubwürdigkeit" sprach.
Aber auch Merkel könnte natürlich nachgeben, um ihre Kanzlerschaft und die Koalition zu retten. Hat sie das nicht schon? Die Bitte, mit Zurückweisungen abzuwarten, bis sie bilaterale Absprachen mit deutschen Nachbarstaaten getroffen hat, sagt zumindest, dass sie - sollten diese Verhandlungen scheitern - Seehofers Grenzregime billigen würde. Das relativiert ein wenig den Vorwurf, die CSU lege die Kanzlerin vor dem EU-Gipfel in zwei Wochen fahrlässig fest. Denn die Forderungen der CSU lassen sich von der Kanzlerin durchaus auch als Druckmittel auf die europäischen Verhandlungspartner einsetzen.
Die "Mutter aller Wahlen"
Für die CSU aber ist nicht die Koalition die wichtigste Frage, sondern die "Mutter aller Wahlen", wie sie Söder einmal nannte: die Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober. Bislang haben Söders Manöver nicht viel gebracht - die Verteidigung der absoluten Mehrheit ist vorerst noch in weiter Ferne. Die CSU setzt deshalb alles auf eine Karte. Die Frage ist: Gewinnt die CSU durch ihre "Asylwende" aus dem Reservoir der rechten AfD mehr, als sie im katholisch-kirchlichen Milieu der Willkommenskultur verliert? Aber eigentlich lautet das Problem der CSU: Wenn sie nichts tut, hat sie erst recht keine Aussichten auf den Wahlsieg.
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