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Blauhelm-Mission in der Ukraine?

Sabrina Pabst29. Juli 2014

Die Ukraine-Krise hat spätestens nach dem Abschuss von Flug MH17 eine globale Dimension erreicht und eine neue Debatte entfacht. Auch eine Blauhelm-Mission im Osten der Ukraine wird diskutiert.

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Eine Großaufnahme eines UN-Blauhelmsoldaten. Sein Gesicht wird zu großen Teilen von dem Helm und dem Maschinengewehr verdeckt. (Foto: Hassan Bahsoun/Toromoro/Maxppp )
Bild: picture-alliance/dpa

Noch immer sitzen die Ermittler aus den Niederlanden und Australien in Donezk fest. Sie sind den dritten Tag in Folge mit dem Versuch gescheitert, zur Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs im Osten der Ukraine vorzudringen. Die Niederländer hatten zwar Militärpolizisten zum Schutz der Forensiker in Marsch gesetzt - doch auch die sind nicht in der Lage, die Ermittler bei ihrer Arbeit an der Absturzstelle zu schützen.

Eine von den ukrainische Regierungstruppen und den Separatisten ausgerufene Feuerpause ist bis jetzt nicht zustande gekommen - im Gebiet um die Absturzstelle sind immer wieder neue Kämpfe ausgebrochen.

Unter diesen Umständen sei es zu gefährlich, niederländische Militärpolizisten dort einzusetzen, betont der sicherheitspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, im DW-Interview. "Dort darf man keine Polizisten und Spezialkräfte der niederländischen Armee hinschicken, die nur zum eigenen Schutz Waffen tragen. Es wird mit schweren Waffen gekämpft."

Wäre ein Blauhelm-Friedenseinsatz denkbar?

Wie abhängig internationale OSZE- Beobachter- oder die Aufklärungsteams rund um den Flugzeugabsturz von den Aufständischen oder der ukrainischen Armee sind, zeigen die Schwierigkeiten der Aufklärung des Flugzeugabsturzes. Hier ist die internationale Staatengemeinschaft machtlos und wird zum Spielball der Konfliktparteien.

Rebecca Harms ist Abgeordnete der Grünen im Europaparlament (Foto: Luisa Frey DW)
Die Grünen-Politikerin Rebecca Harms fordert den Einsatz von Blauhelm-Soldaten in der OstukraineBild: DW/L. Frey

Die grüne EU-Politikerin Rebecca Harms forderte die Entsendung von UN-Blauhelm-Soldaten in die Ostukraine, um die Kampfhandlungen zwischen dem ukrainischen Militär und den russlandtreuen Aufständischen beizulegen. Die Grenze zwischen Russland und der Ukraine solle durch sie überwacht werden.

Ein friedensstiftender Blauhelm-Einsatz scheitert aber bislang an der fehlenden Bereitschaft der Konfliktparteien zu einer Einigung, meint Tom Koenigs, ehemaliger Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen im Kosovo und Afghanistan, im Interview mit dem Deutschlandfunk. Ohne die Zustimmung Russlands im UN-Sicherheitsrat sei ein Blauhelm-Einsatz nicht denkbar. "Dass dort die Grenzregionen, wo Milizen hierhin und dorthin wandern, besser überwacht wären, würde man sich natürlich wünschen. Das finde ich eine gute Sache, aber das geht nur mit der aktiven Unterstützung Russlands."

Eine Lösung des Konflikts im UN-Sicherheitsrat scheint aber unter den gegenwärtigen Umständen unmöglich. Russland und die USA sind Vetomächte und stehen sich derzeit unversöhnlich gegenüber. "Leider kann ich nicht sehen, dass sich eine Verbesserung in den Beziehung zwischen den USA und Russland einstellt", sagt der Völkerrechtler Hans-Joachim Heintze im DW-Interview. "Gerade der amerikanische Außenminister hat scharfe Kritik am russischen Amtkollegen geübt. Und Russland ist verstimmt darüber, das der Westen zunehmend Sanktionen gegen Russland ergreift."

Wenig Rückhalt in der Bevölkerung

Die UN-Blauhelme sind keine Kampftruppen, sondern sollen auf Einladung der Konfliktparteien sicherstellen, dass es nicht zu erneuten Gefechten kommt und in vorher umkämpften Gebieten die Zivilbevölkerung wieder ein normales Leben führen kann. Die speziell ausgebildeten Soldaten tragen Waffen - aber nur zur reinen Selbstverteidigung.

Hans-Joachim Heintze ist Völkerrechtler an der Ruhr-Universität in Bochum. (Foto: Ruhr-Universität Bochum)
Heintze: "Das Leben muss für die Menschen besser werden."Bild: Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum

Friedens-Missionen der Bundeswehr werden in Deutschland stets kontrovers diskutiert. "Auf der anderen Seite aber wünschen sich die Deutschen, dass dort wieder Frieden herrscht, weil sie wissen, wie nahe die Ukraine ist und wie die Probleme uns erreichen können", sagt SPD-Sicherheitspolitiker Arnold.

Beispiel Kosovo

Solche Bedenken gab es auch bei den Einsätzen auf dem Balkan. Zum Beispiel im Kosovo: Seit 20 Jahren versucht man dort einen demokratischen Staat aufzubauen. "Das ist teuer, langwierig und aufwändig. Aber ein langjähriges ziviles Engagement ist die einzige Lösung, die möglich ist, das Leben dort zu verbessern", sagt der Völkerrechtler Heintze. "Wir brauchen politische Mechanismen, Konflikte zu lösen. Auch wenn ein neuer Staat gebildet wird, muss dieser mit den gleichen Nachbarn leben, die vorher auch da waren."

Dass eine militärische Intervention nicht die politische Lösung eines Konflikts ersetzt, meint auch der sicherheitspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold. "Die Ukrainer sind nicht in der Lage dort militärisch zu gewinnen. Sie müssen darauf achten, dass die Zivilbevölkerung dort nicht zu Schaden kommt."

An die Kraft militärischer Gewalt glaubt auch Heintze nicht. "Durch die Missionen sind Menschenleben gerettet worden. Aber wenn Menschenleben gerettet werden, muss anschließend auch sichergestellt werden, dass das Leben dort besser wird, als es vorher war." Dafür muss vor allem der Konflikt überwunden werden, der dazu geführt hat, dass die Menschen dort auf die Straßen gegangen sind.