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Fragen zu den Olympischen Winterspielen in Peking

Andreas Sten-Ziemons mit SID, dpa, ZDF
2. Februar 2022

Die Winterspiele in Peking werden speziell - wegen der Corona-Pandemie und der politischen Situation im Land. Wie groß sind die Beschränkungen? Wie viele Sportler sind vor Ort? Und wie frei dürfen sie sich bewegen?

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China I Vor den Olympischen Spielen in Peking 2022 I Olympiaturm
Wie wird es in Peking? Bereits im Vorfeld sind die Winterspiele in Chinas Hauptstadt stark umstrittenBild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Wer nimmt an den Winterspielen teil?

Insgesamt werden rund 2900 Athletinnen und Athleten aus mehr als 90 Nationalverbänden in Peking um die Medaillen kämpfen. Für Deutschland sind 149 Aktive nominiert. Dazu gehört mit der 49-jährigen Claudia Pechstein auch die älteste Teilnehmerin der Spiele. Die Eisschnellläuferin erlebt in Peking bereits ihre achten Olympischen Spiele.

Bis zum Ende der Spiele am 20. Februar stehen 109 Entscheidungen an, das sind sieben mehr als bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Grund dafür sind vor allem neu ins Programm aufgenommene Mixed-Konkurrenzen, zum Beispiel im Skispringen, Shorttrack und Snowboarden. Außerdem ist beim Bobfahren die Disziplin Monobob der Frauen hinzugekommen.

Absolute Superstars gibt es - anders als bei den Sommerspielen - bei den Winterspielen nur wenige. Skirennfahrerin Mikaela Shiffrin aus den USA und der amtierende Olympiasieger im Eiskunstlauf, Hanyu Yuzuru aus Japan, gehören definitiv dazu. Auch die niederländische Eisschnellläuferin Ireen Wüst ist eine Ausnahmeathletin. Aus deutscher Sicht ruhen die größten Medaillenhoffnungen auf den Sportlerinnen und Sportlern, die sich den olympischen Eiskanal herunterstürzen: im Rodeln Felix Loch und Natalie Geisenberger sowie Bobfahrer Francesco Friedrich.

Wo befinden sich die Wettkampfstätten?

Die olympischen Wettbewerbe verteilen sich auf drei Standorte: Peking, Yanqing und Zhangjiakou. In der Hauptstadt selbst werden die Eiswettbewerbe Eishockey, Eisschnelllauf, Shorttrack, Eiskunstlauf und Curling ausgetragen. Dabei werden teilweise Hallen der Sommerspiele 2008 "wiederverwendet", einzig die Eisschnelllauf-Halle ist ein Neubau. Ein besonderer Wettkampfort wird die Schanze für die Big-Air-Wettbewerbe im Snowboarden und Freestyle-Skiing, die in einem ehemaligen Industriegebiet aufgebaut wurde.

Blick auf die bei Dämmerung bunt illuminierte Snowboardschanze hinter einem Hafenbecken
Die Big-Air-Schanze im ehemaligen Industriegebiet Shougang ist ein echter HinguckerBild: Gao Zehong/VCG/MAXPPP/picture alliance

Die Aktiven im alpinen Skifahren, beim Bob und Rodeln müssen vom Olympischen Dorf rund 75 Kilometer nach Nordwesten pendeln: nach Yanqing. Dort befinden sich der neu gebaute Eiskanal und die ebenfalls neu erschlossenen olympischen Skipisten. In Zhangjiakou, rund 180 Kilometer außerhalb von Peking, werden die Medaillen in den übrigen Snowboard- und Freestyle-Wettbewerben vergeben, außerdem im Biathlon, Langlauf, Skispringen und der Nordischen Kombination.

Peking, Yanqing und Zhangjiakou sind mit einer neuen Schnellzugstrecke verbunden. Allerdings sind alle drei Standorte auch im Winter alles andere als schneesicher, sodass die Winterspiele erstmals wohl zu 100 Prozent auf Kunstschnee stattfinden werden. Zudem liegen Yanqing und Zhangjiakou in einem Naturschutzgebiet, dessen Fläche für die Olympia-Umbauten um fast ein Viertel reduziert wurde.

Wie ist die Corona-Lage in Peking?

Die Organisatoren unternehmen alles, um die von ihnen versprochenen "reibungslosen Olympischen Winterspiele" zu gewährleisten. Teil der strikten "No-Covid"-Strategie sind Massentests und Kontaktbeschränkungen bis hin zum Lockdown einzelner Stadtteile oder sogar ganzer Millionenstädte. Alle Anreisenden müssen sich vor dem Abflug und bei der Ankunft testen lassen und dürfen sich nur innerhalb "geschlossener Kreisläufe" bewegen. Tägliche PCR-Tests sind Pflicht, die Ergebnisse müssen in der offiziellen App "My2022" hochgeladen werden, dazu Körpertemperatur und Angaben zum aktuellen Befinden. Wegen Datenschutzbedenken hatte die App im Vorfeld Kritik ausgelöst. Auch bei den Tests hatte es wegen der Möglichkeit zu manipulieren und der abweichenden Grenzwerte in China Bedenken gegeben. Wer positiv ist, muss für zehn Tage ins Quarantäne-Hotel, kann sich aber mit zwei negativen Tests im Abstand von mindestens 24 Stunden wieder freitesten. Schon vor der Eröffnungsfeier der Spiele gab es fast 300 positive Testergebnisse, auch einige im deutschen Olympia-Team.

Mitarbeiter des Testzentrums am Flughafen von Peking in Schutzanzügen
Nach der Landung in Peking wartet auf die Besucher erst einmal der Corona-TestBild: Grigory Sysoev/Sputnik/picture alliance

"Die Sicherheit und Gesundheit der Teilnehmer ist unsere höchste Priorität", sagte Zhao Weidong, der Sprecher des Pekinger Organisationskomitees (BOC), vor der Presse. Ihr Ziel, die Omikron-Variante außerhalb der Landesgrenzen zu halten, haben die Chinesen aber nicht erreicht.

Trotz der strengen Maßnahmen werden die Sportevents vor Zuschauern stattfinden. Rund 150.000 ausgewählte Besucherinnen und Besucher aus China wird in die Stadien und an die Strecken dürfen, nach Angaben des BOC wird rund die Hälfte der verfügbaren Tribünenplätze gefüllt. Ausländisches Publikum wird es nicht geben, der freie Ticketverkauf in China war im Januar ebenfalls gestoppt worden.

Wie politisch sind die Spiele in Peking?

Schon lange nicht mehr ist so kritisch über den Austragungsort diskutiert worden, wie bei diesen Olympischen Winterspielen in Peking. Im Grunde war das zum letzten Mal der Fall, als die chinesische Hauptstadt 2008 Ausrichterin der Sommerspiele war. Damals bestand die Hoffnung, dass es - ausgelöst durch die Spiele - zu politischen Veränderungen und zur Öffnung des Landes kommen könnte. Diese Hoffnung hat sich allerdings nicht erfüllt. Im Gegenteil wirkt das politische System Chinas derzeit restriktiver denn je: Die systematische Unterdrückung der Uiguren und Tibeter, die Niederschlagung der Opposition in Hongkong, die Ausweitung der technischen Überwachung des gesamten Landes und zuletzt der Fall der Tennisspielerin Peng Shuai - wegen dieser Menschenrechtsverletzungen haben einige Staaten einen diplomatischen Boykott der Spiele beschlossen, darunter die USA, Großbritannien und Japan. Von dort werden keine Spitzenpolitiker und Diplomaten zu den Wettkämpfen reisen. Die Bundesregierung hat sich diesem Boykott offiziell zwar nicht angeschlossen, dennoch werden weder Bundeskanzler Olaf Scholz oder ein anderes Regierungsmitglied noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Peking reisen.

Demonstrant mit bunter Maske auf einer Demonstration für den Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking
Politische Proteste - zum Beispiel für die Uiguren - sind in Peking unerwünscht und werden bestraftBild: Saaed Khan/AFP/Getty Images

Seinen Besuch angekündigt hat dagegen Russlands Präsident Wladimir Putin - obwohl Russland gesperrt ist und offiziell keine russische Mannschaft teilnehmen darf. Wegen der staatlich unterstützten Dopingvergehen bei den Winterspielen in Sotschi starten die zugelassenen Aktiven aus Russland als "neutrale Sportlerinnen und Sportler" unter olympischer Flagge. Auch Putin darf nur kommen, weil Chinas Staatspräsident Xi Jinping ihn offiziell eingeladen hat.

Dürfen Athletinnen und Athleten sich politisch äußern?

"Jede Aussage oder jedes Verhalten, die gegen den olympischen Geist, vor allem aber gegen chinesische Gesetze und Regularien verstoßen, werden Konsequenzen haben", warnte BOC-Mitglied Yang Shu kürzlich und sprach damit eine deutliche Warnung aus. Das Internationale Olympischen Komitee (IOC) verwies auf seine Olympische Charta, in der festgelegt ist, dass politische Äußerungen in Pressekonferenzen, Interviews oder über die sozialen Medien erlaubt sind, bei Wettkämpfen oder Medaillenvergaben aber nichts zu suchen haben. Dazu kam jedoch der Hinweis, "geltende Gesetze" zu beachten, ohne dass genauer gesagt wurde, was das bedeuten soll.

Ob es tatsächlich ein Sportler wagt, öffentlich Kritik an den politischen Zuständen in China zu üben, ist daher zweifelhaft. Der Verein "Athleten Deutschland" rät angesichts der fehlenden Rückendeckung durch das IOC jedenfalls davon ab. Auch Dirk Schimmelpfennig, der Chef de Mission der deutschen Olympia-Mannschaft, malte zuletzt im Interview mit dem "ZDF-Sportstudio" kein rosiges Bild: "Wir haben Spiele mit zwei ungewissen Faktoren", sagte er. "Das eine ist der Faktor Corona, das andere ist der Faktor China."