Der First-Steps-Nachwuchspreis
16. September 2014Noch dürfte der Name Damian John Harper den wenigsten etwas sagen. Das könnte sich bald ändern. Damian John Harper wurde 1978 in Boulder, einer Stadt im US-Bundesstaat Colorado, geboren - und jetzt mit dem Nachwuchspreis "First Steps" in der Kategorie "Abendfüllender Spielfilm" ausgezeichnet. Harper hat in München an der Hochschule für Fernsehen und Film studiert und dort vor zwei Jahren seinen Abschluss vorgelegt: das Drehbuch zu "Los Ángeles". Der fertige Film wurde am Montagabend in Berlin geehrt. Für den Nachwuchsregisseur möglicherweise der Start einer vielversprechenden Karriere beim Film.
Viele haben sich durchgesetzt
Schaut man sich die Träger des First-Steps-Preises der vergangenen Jahre an, dann darf Damian John Harper hoffen. David F. Wnendt ("Die Kriegerin"), Oliver Kienle ("Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung"), Maximilian Erlenwein ("Schwerkraft"), Benjamin Heisenberg ("Schläfer") oder Vanessa Jopp ("Vergiss Amerika") - all das sind Namen, die man heute kennt in der Szene. Sie haben sich durchgesetzt in den letzten Jahren, konnten Kino- und Fernsehfilme realisieren. Harper steht der steinige Weg zum zweiten Filmprojekt noch bevor. Der ist meist schwieriger zu realisieren als das Debüt.
Die sechs Filmhochschulen in Deutschland ermöglichen seit Jahren vielen jungen Talenten, erste Proben ihres Könnens abzuliefern. Auch viele Kunstschulen haben inzwischen Filmklassen, die Studenten ausbilden. Auf Festivals wie dem Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken, den Hofer Filmtagen, in München und Berlin, wird diesen Debüts ein breites öffentliches Forum eingeräumt. Beispiele für Erstlingswerke, die dort mit Preisen ausgezeichnet wurden und auch erfolgreich im Kino liefen, gibt es viele.
Viele Debütanten - weniger Nachfrage
Doch all ist keine Garantie für eine Weiterbeschäftigung in der Branche. Fast 200 Abschlussarbeiten kommen im Schnitt jährlich in Deutschland zusammen, Spielfilme, kürzere Formate, Dokumentationen, auch Werbeclips und Animationsstreifen. Da kommt einiges zusammen. Gibt es in Deutschland überhaupt einen solch großen Markt für so viele Regisseure?
Bei den Fernsehanstalten ist die Situation inzwischen weniger rosig für Debüts als noch vor ein paar Jahren. Sendeplätze, die Nachwuchswerke zeigen, gibt es zwar, doch werden diese mehr und mehr ins Nachtprogramm auf weniger populäre Programmplätze abgeschoben. Und im normalen Kinoeinsatz "kannibalisieren" sich die vielen, kleinen Filme gegenseitig. Nico Hofmann, der mit Bernd Eichinger einst den First Steps-Preis ins Leben rief, ist da optimistischer: "Man muss sich die Entwicklung fairerweise über mehrere Jahre hinweg anschauen. So ein Second Step entsteht nicht in den nächsten zehn Monaten", so Hofmann vor kurzem in einem Interview.
Auf der Suche nach Fördergeldern
Gerade deshalb, weil der zweite Film meist schwieriger zu realisieren ist als das Debüt, bemüht sich die Deutsche Filmakademie, Veranstalter des First Steps, um weitere Hilfen bei der Karriereplanung. So wurde vor kurzem eine Masterclass zum Thema Filmverleih angeboten, die sich an Regisseure und Produzenten richtet. Das Hauptproblem beim zweiten Film bleibt die Finanzierung. Entsteht das Debüt an einer Filmhochschule, werden Personal, technisches Equipment und eine Anschubfinanzierung gestellt.
Erst beim zweiten Film müssen sich die Jungregisseurinnen und -regisseure auf dem freien Markt behaupten. Der Kampf um die Fördergelder hat schon manch hoffnungsvollem Talent das kreative Potential geraubt. Viele wandern auch zu den Fernsehanstalten ab. Für manche keine schlechte Alternative. Einen "Tatort", ein Fernsehspiel oder auch Folgen für eine Krimiserie zu drehen, sichert zumindest das Einkommen.
Im Jahr 2000 aus der Taufe gehoben
Den First Steps gibt es seit dem Jahr 2000. "Die Initiatoren, allen voran Nico Hofmann und Bernd Eichinger, wollten einerseits öffentliche Aufmerksamkeit schaffen für das hohe künstlerische Potential, das aus den Filmschulen kommt", sagt die Programmleiterin von First Steps, Barbara Hohnen gegenüber der Deutschen Welle. Zu den wichtigsten Prinzipien gehöre bis heute auch der Netzwerkgedanke: "Branchenprofis und Nachwuchskünstler sollen sich miteinander austauschen und voneinander profitieren."
Gründungspartner waren vor 15 Jahren die Firmen Ufa Fiction, Mercedes Benz, der Fernsehsender Pro7Sat.1 und Spiegel TV. Die Preissumme in den sieben Kategorien beträgt inzwischen 92.000 Euro. Nicht viel Geld für ein Filmprojekt. Doch für den Nachwuchs sind auch kleine Summen wichtig. Und das Renommee, das man mit solch einem Preis erlangt, ist beachtlich.
Darauf hofft nun auch Damian John Harper. Sein Film "Los Ángeles" spielt im Süden Mexikos. Dort ist die wirtschaftliche Lage schwierig. Viele Männer arbeiten illegal in den USA. Der 17-jährige Mateo will nach Los Angeles. Um dort zu überleben, schließt er sich in seiner Heimat einer Gang an. Doch damit beginnen erst die Schwierigkeiten. Barbara Hohnen: "Der Film vermittelt einen unerhört authentischen Einblick in einen Aspekt der Globalisierung: wie eine Kultur ihre zentralen Werte zu verlieren droht." Harper habe diesen Film mit den Bewohnern des Dorfes entwickelt: "Sie spielen - teilweise glaubt man es kaum - sich selbst. Außerordentlich anrührend und bewegend."
Mit dem First Steps-Preis im Rücken dürfte der Film des jungen amerikanischen Regisseurs demnächst auf weiteren Festivals zu sehen sein. Im Januar 2015 kommt "Los Ángeles" in die deutschen Kinos. Ob sich Damian John Harper danach dauerhaft als Regisseur wird behaupten können, wird sich freilich erst in ein paar Jahr zeigen. Das gelte aber für alle anderen künstlerischen Berufe auch, sagt Barbara Hohnen.