Finne Stubb will EU-Kommissionspräsident werden
2. Oktober 2018Alexander Stubb hatte schon viele Ämter inne: Er war Außenminister, Europaminister, Finanzminister und Regierungschef in Finnland. Derzeit ist er als einer der Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg tätig - ein Karriereknick, meinen viele. Nun hat der 50-Jährige ein neues Ziel vor Augen: Stubb will der nächste EU-Kommissionspräsident werden.
Dazu muss sich Stubb zunächst von der Europäischen Volkspartei, der EVP, als deren Spitzenkandidat für die 2019 anstehende Europawahl aufstellen lassen. Es sei Zeit, sich hinter dem Ziel eines starken Europa zu sammeln, schrieb Stubb in einem Brief an die EVP als Begründung für seine Kandidatur. Er nannte als Prioritäten die Themen Sicherheit, Migration, Arbeit, Freihandel und Klimaschutz.
EU-Parlament entscheidet mit
Stubb geht damit in Konkurrenz zum Deutschen Manfred Weber. Der CSU-Politiker war bislang der einzige Bewerber für die parteiinterne Spitzenkandidatatur. Am vergangenen Freitag hatte der französische EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier wegen der sich hinziehenden Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens seinen Verzicht erklärt.
Die EVP will auf ihrem Parteitag am 8. November in Helsinki entscheiden, wer sie in den Wahlkampf vor der Europawahl im Mai 2019 führen soll. Der Spitzenkandidat hat gute Chancen auf Junckers Nachfolge, wenn die EVP wie erwartet wieder stärkste Fraktion im Europaparlament wird. Allerdings: Dass die stärkste Fraktion auch den Kommissionschef stellt, ist kein Automatismus. Erst im Februar bekräftigten die EU-Staats- und Regierungschefs ihr alleiniges Vorschlagsrecht. Zudem benötigt der Kommissionschef die Unterstützung von mindestens der Hälfte der Abgeordneten im EU-Parlament und damit aus mehreren Fraktionen.
Vorteil Manfred Weber?
Auf dem Parteitag dürfte Stubb gegenüber Weber überdies im Nachteil sein, denn Weber ist nicht nur amtierender EVP-Fraktionschef, im EU-Parlament stellen CDU und CSU bei den Konservativen auch die größte Abgeordnetengruppe. Stubb wiederum gehört der Nationalen Sammlungsbewegung in Finnland an, die Teil der Europäischen Volkspartei (EVP) ist.
Inhaltlich unterscheiden sich Stubb und Weber weder deutlich voneinander noch vom bisherigen Kommissionschef Juncker - alle drei bewegen sich in der EVP mittig zwischen konservativen und wirtschaftsliberalen Ansichten, alle drei sind tief überzeugte Verfechter der Europäischen Union.
Gilt die Formel für das Glück auch in Brüssel?
Weber gibt sich als Niederbayer heimattreu und bodenständig. Stubb dagegen, den es schon als Kind in die USA verschlug, und der in South Carolina, Brüssel und London studierte, präsentiert sich als vielsprachiger, weltoffener und technikverliebter Nerd. Der Hobby-Triathlet und Marathon-Läufer begeisterte in Finnland vor allem die junge Wählerschaft, Pressekonferenzen gab er früher schon mal in Shorts.
Auf Youtube erklärt der verheiratete Vater zweier Kinder seine Formel für das Glück - sie lautet 8+8+8. Acht Stunden Schlaf, acht Stunden Arbeit, acht Stunden für sich. Mehr zu arbeiten, hält Stubb für Unsinn. Ob er dieser Formel auch als EU-Kommissionschef treu bleiben könnte, wird sich zeigen.
cw/jj (afp, dpa, kna epd)