Stubb: Am Ende des Weges!
7. Juli 2015Deutsche Welle: Herr Stubb, die griechische Seite hat keine konkreten Vorschläge zur Lösung der Schulden- und Finanzkrise in der Euro-Gruppe vorgelegt. Ärgert Sie das?
Alexander Stubb: Na ja, ich glaube, in europäischen Verhandlungen sollte man niemals ärgerlich sein, sondern immer geduldig sein. Das habe ich in den letzten 20 Jahren gelernt. Wir brauchen ein Brief der griechischen Regierung, mit dem ein Programm aus dem Rettungsschirm (ESM) beantragt wird. Der würde einen Prozess auslösen, in dem die Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) den Antrag prüfen würden. Natürlich haben alle von uns dann noch parlamentarische Hürden vor sich. Dafür sind Finnland und Deutschland gute Beispiele.
Gibt es denn noch Zeit für dieses erneute Feilschen und Streiten, das jetzt wieder losgehen könnte?
Ich denke nicht, dass wir uns jetzt noch einmal Feilschen und Streiten aufhalten können. Wir sind am Ende eines Weges angelangt, in dem Sinne, dass wir eine Einigung brauchen, und zwar wirklich schnell. Die Zeit läuft ab. Die allerletzte Frist ist möglicherweise der 20. Juli. Das weiß auch jeder: die Institutionen, die Griechen und der Rest der Euro-Gruppe. (Am 20. Juli wird eine Zahlung von 3,5 Milliarden Euro Griechenlands an die Europäische Zentralbank fällig. Anmerk. d. Red.)
Nach all diesem Hin- und Her: Glauben Sie persönlich, dass ein Grexit, ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone, noch zu vermeiden ist?
Ich bin ein unverbesserlicher Optimist. Ich glaube am Ende wird man irgendeine Lösung finden. Wir werfen Griechenland nicht raus. Wir wollen keinen Grexit, aber es ist klar, dass jeder sich auf alle möglichen Optionen vorbereiten muss. Die Zeit läuft ganz einfach davon.
Können Sie dieses griechisches Drama eigentlich noch Ihren Wählern in Finnland erklären? Was denken die Finnen?
Unser Ausgangspunkt ähnelt ziemlich der deutschen Haltung. Wir brauchen eine Zustimmung des Parlaments. Und das Mandat des Parlaments sagt, kein frisches Geld für Griechenland! Der Rettungsschirm ESM wäre kein frisches Geld, sondern den haben wir in den letzten Jahren ja aufgebaut. Wenn wir aber über Schuldenschnitte, Umstrukturierung der Schulden oder ähnliches reden, dann ginge das für die finnische Regierung auf keinen Fall.
Alexander Stubb (47) ist seit dem Regierungswechsel Ende Mai 2014 in Finnland Finanzminister. Zuvor war der konservative Politiker knapp ein Jahr lang Ministerpräsident. Stubb war außerdem Außenminister und Abgeordneter im Europäischen Parlament.