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Lagos: Festival zelebriert afrikanische Musik

29. Juni 2018

Der Deutsch-Nigerianer Adé Bantu organisiert in der nigerianischen Megacity Lagos regelmäßig das Musik-Festival Afropolitan Vibes. Dabei geht es ihm um viel mehr als nur um Unterhaltung.

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Nigeria, Afropolitan Vibes, Festival in Lagos
Die Bantu-Band auf der März-Ausgabe von Afropolitan VibesBild: Dohdohndawa Photography

Seit etwa zehn Jahren lebt Adé Bantu wieder in der 20-Millionen-Metropole Lagos, der größten Stadt Nigerias und ganz Afrikas, zuvor war er fast 20 Jahre lang in Deutschland. Dort dürfte er den Meisten vor allem als Musiker ein Begriff sein, weil er das afro-deutsche HipHop-Kollektiv Brothers Keepers mitgründete. Das hatte 2001 mit dem Song "Adriano" (Letzte Warnung) einen Nummer-Eins-Hit in den deutschen Charts gelandete und ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt. 

In Nigeria kennt man den mittlerweile 46-Jährigen als Chef seiner 13-köpfigen Band "Bantu", als Juror einer Musikshow und eben auch als Veranstalter des mittlerweile alle drei Monate stattfindenden Afropolitan Vibes Festivals. "Es ging mir darum, die Livemusikkultur in Nigeria wiederzubeleben. Das Nachtleben war durch die Jahre der Militärdiktatur und Ausgangssperren quasi zusammengebrochen", erklärt Bantu seine Motivation, als er vor fünf Jahren das Projekt mit weniger als hundert Besuchern und in einer kleinen Location startete.

Mittlerweile kommen laut Bantu zwischen 2000 und 3000 Besucher zu jeder der Open-Air-Veranstaltungen. Afropolitan Vibes ist als Treffpunkt aus der pulsierende Musikszene in Lagos nicht mehr wegzudenken.

Ziel: Junge Talente fördern

Dabei will Bantu nicht nur seiner eigenen Band und altbekannten Größen wie etwa der Popgruppe Styl-Plus oder dem Sänger und Saxophonspieler Orlando Julius eine Bühne bieten, sondern vor allem junge afrikanische Talente fördern. Mit den "Urban Sessions", die nachmittags vor der großen Hauptshow stattfinden, hat er deshalb eine Plattform geschaffen, auf der sie sich ausprobieren und bei Workshops und Paneltalks austauschen können.

Nigeria, Afropolitan Vibes, Festival in Lagos
Bei den "Urban Sessions" können Newcomer ihr Können zeigenBild: Dohdohndawa Photography

Zu hören bekommt man auf dem Afropolitan Vibes Festival von HipHop bis zu elektronischer Musik durchaus Unterschiedliches. Der besondere Fokus liegt jedoch auf Afrobeat, einem in Nigeria in den 1970er Jahren geborenen Musikstil, der Jazz mit Funk, westafrikanischem Highlife und Yoruba-Musik verbindet. Der Ende der 1990er an Aids verstorbene nigerianische Künstler Fela Kuti gilt als Begründer des Afrobeats – und ist zweifellos einer der schillerndsten Stars der Musikgeschichte Afrikas.

"Es ist unsere Pflicht, Missstände anzuprangern"

So wie die Musik und insbesondere Afrobeat für die Nigerianer seit jeher auch ein Vehikel ist, Konflikte und Missmanagement anzuprangern, versteht Adé Bantu auch Afropolitan Vibes nicht nur als Unterhaltung: "Auf der Bühne kann ich Alltagspolitik kommentieren. Ich kann die Regierung kritisieren und werde nicht verhaftet. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt von Afropolitan Vibes."

Nigeria, Afropolitan Vibes, Festival in Lagos
Adé Bantu während eines Panel TalksBild: DW/I.Eisele

Während sich einfache Bürger Bantu zufolge oft nicht trauten, Missstände anzuprangern, hätten Künstler aufgrund ihrer Privilegien nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Pflicht, genau das zu tun: "Ich kann nicht auf die Bühne gehen und sagen, hey, bewegt euren Hintern, alles ist gut in Lagos! Nein, wir müssen dafür sorgen, dass die Politiker wissen, dass wir in ihre Richtung schauen. Es stehen Wahlen an nächstes Jahr und wir haben keine richtige Alternativpartei, es gibt keine wirkliche Opposition, alle sind käuflich."

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für ihn, dass nicht nur Wohlhabende sich ein Festivalticket leisten können: "In Nigeria ist es normalerweise bei Konzerten so, dass die ganz Reichen vorne sitzen, trinken, essen und gelangweilt gucken. Bei Afropolitan Vibes haben wir nicht diese Rangordnung. Das Ticket kostet umgerechnet gerade mal 2,50 Euro – das ist auch für Studierende oder die Arbeiterklasse noch erschwinglich."

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"Styl-Plus" brachte in der März-Ausgabe die Menge am meisten zum JubelnBild: Dohdohndawa Photography

Das andere Nigeria: urban, dynamisch, modern

Adé Bantu hat sich - in einer Zeit, in der viele Nigerianer ihrer Heimat wegen Korruption, Armut oder Terrorismus den Rücken kehren - für das Gegenteil entschieden. Nach etlichen Jahren in Deutschland ist der Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers wieder in das westafrikanische Land zurückgegangen. Denn hier, so sagt er, hat er das Gefühl, wirklich etwas verändern zu können und Teil eines gesellschaftlichen Umbruchs zu sein.

Dagegen hätten ihn Deutschland und die Rolle, in der er dort steckte, immer mehr gelangweilt: "Ich hatte es satt, mich nur über Rassismus zu definieren und den Leuten immer und immer wieder erklären zu müssen, was in Afrika passiert." Wer beim Stichwort Afrika nur an aufgeblähte Hungerbäuche denke, habe den Zug verpasst, so Bantu weiter: "Gerade weil die Regierungen versagen, nehmen die Leute ihr Schicksal selbst in die Hand, sie haben so viel Energie, so viele Visionen. Es ist eine Menge in Gang hier und es lohnt sich für die Europäer, genauer hinzugucken."

Nigeria Lagos Stadtansicht
Die Megacity Lagos wächst schnell und unaufhaltsamBild: picture-alliance/dpa/A. Jallanzo

Dennoch betrachtet Bantu es als Privileg, in verschiedenen Ländern mit verschiedenen Kulturen gelebt zu haben. "Mit Afropolitan Vibes versuchen wir, ein panafrikanisches Bewusstsein über Musik, über Kultur zu kreieren. Letztendlich geht es um die Einheit Afrikas. Und da ist Europa eine Inspiration für mich: Ich habe gesehen, was es heißt, wenn man plötzlich Euro benutzt und ohne Passkontrolle reisen kann."

DW Fact Checking-Team | Ines Eisele
Ines Eisele Faktencheckerin, Redakteurin und AutorinInesEis