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EZB bleibt in Alarmbereitschaft

10. September 2020

Europas Währungshüter stemmen sich bereits mit Milliarden gegen die wirtschaftlichen Verwerfungen der Corona-Pandemie. Vorerst legt die EZB nicht nach. Doch die Risiken für die Konjunktur bleiben groß.

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Deutschland Frankfurt Skyline mit EZB
Bild: Getty Images/T. Lohnes

Die Inflation ist im Keller, die Wirtschaft im Euroraum erlebt einen beispiellosen Schock, und der Euro gewinnt an Stärke - dennoch legen Europas Währungshüter vorerst nicht nach. Die Europäische Zentralbank (EZB) steckt im Rahmen ihres Notkaufprogramms unverändert 1,35 Billionen Euro in Staats- und Unternehmensanleihen bis mindestens Ende Juni 2021, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Den Leitzins im Euroraum beließ der EZB-Rat am Donnerstag auf dem Rekordtief von null Prozent.

Die aktuelle Euro-Stärke betrachtet die Notenbank mit Sorge. "Wir müssen die Angelegenheit aufmerksam beobachten", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Die weitere Konjunkturentwicklung im Euroraum beurteilt die Notenbank nicht mehr ganz so düster wie noch im Juni. Die Währungshüter gehen in diesem Jahr zwar weiterhin von einer beispiellosen Rezession aus. "Es handelt sich um eine Krise wie nie zuvor", sagte Lagarde.

Deutschland | EZB-Pressekonferenz Christine Lagarde
Hält erstmal still: EZB-Chefin Christine LagardeBild: Reuters/R. Orlowski

Die Notenbank geht in ihrem Basisszenario aktuell von einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 8,0 Prozent aus. Im Juni hatten die Währungshüter noch einen Einbruch um 8,7 Prozent prognostiziert. 2021 wird die Wirtschaft im Währungsraum der 19 Länder nach der neuesten Vorhersage um 5,0 Prozent zulegen (Juni-Prognose: 5,2 Prozent). Angesichts des Konjunktureinbruchs ist aus Sicht der Notenbank weiterhin eine deutliche Unterstützung durch die Geldpolitik notwendig. Das milliardenschwere Notkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) werde voraussichtlich ausgeschöpft, bekräftigte Lagarde.

Die Preise wollen einfach nicht steigen

Volkswirte schlossen zuletzt nicht aus, dass die EZB die Käufe bis zum Jahresende noch einmal ausweiten könnte. Die Wertpapierkäufe der Notenbank helfen Staaten wie Unternehmen: Sie müssen für ihre Papiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als große Käuferin am Markt auftritt. Anfang Juni hatten die Währungshüter ihr Kaufprogramm um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro fast verdoppelt. Die Mindestlaufzeit wurde um ein halbes Jahr verlängert. Die Teuerung dürfte nach Einschätzung der Zentralbank in diesem Jahr wie schon im Juni vorhergesagt bei mageren 0,3 Prozent liegen.

Hauptziel der EZB ist ein ausgewogenes Preisniveau bei einer mittelfristigen Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent. Die Inflation liegt allerdings seit geraumer Zeit deutlich entfernt von diesem Zielwert. Europas Währungshüter sind daher seit Jahren im Anti-Krisen-Modus. Die seit März 2015 mit Unterbrechung laufenden anderen Kaufprogramme der Notenbank für Anleihen hatten mit gut 2,9 Billionen Euro Ende August bereits ein gewaltiges Volumen erreicht. In der Corona-Krise hat sich der Trend zu schwachen Teuerungsraten verstärkt. Im August sanken die Verbraucherpreise im Euroraum zum ersten Mal seit 2016 wieder. Die Inflationsrate fiel nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat auf minus 0,2 Prozent.

Nach Einschätzung der EZB handelt es sich dabei aber um einen Ausreißer - unter anderem wegen der befristeten Mehrwertsteuersenkung in Deutschland. ZEW-Experte Friedrich Heinemann bezeichnete die abwartende Haltung der EZB als seriös: "Dass eine Inflationsrate in einer historisch einmaligen Krise kurzfristig absackt, ist nichts anderes als eine Momentaufnahme." Eine Ausweitung des Notkaufprogramms PEPP hält Heinemann aktuell nicht für erforderlich. "Auch wenn die Märkte permanent nach noch mehr geldpolitischer Expansion rufen, ist es klug, dem nicht immer nachzugeben."

Grundsätzlich sind sinkende Verbraucherpreise ein potenzielles Risiko für die Konjunktur. Sie können eine Abwärtsspirale auslösen, wenn Verbraucher und Unternehmen auf weiter fallende Preise spekulieren und Investitionen immer weiter nach hinten schieben. Auch der stärkere Euro kann auf die Inflation drücken. Dadurch verbilligen sich Einfuhren in den gemeinsamen Währungsraum. Zugleich werden Exporte in Länder außerhalb des Euroraumes teurer. Das kann die Nachfrage dämpfen.

hb/dk (dpa)