Europa gegen Rassismus und Polizeigewalt
7. Juni 2020Mit ihren Aktionen wollten die Teilnehmer ihre Solidarität mit den Protesten in den USA nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz bekunden. Die Proteste zielen zugleich aber auch weit über den Fall Floyd hinaus. Die Demonstranten wollen mit ihren Aktionen auf ähnliche Fälle von Rassismus oder Polizeigewalt in den jeweiligen Ländern hinweisen.
Tausende Demonstranten haben sich vor der US-Botschaft im Zentrum der britischen Hauptstadt versammelt, um erneut gegen Polizeigewalt und Rassismus zu protestieren. Einige davon trugen Gesichtsmasken mit der Aufschrift "Rassismus ist ein Virus".
Nach einem Aufruf des dänischen Ablegers der Bewegung Black Lives Matter versammelten sich in Kopenhagen die Protestteilnehmer zunächst vor der US-Botschaft im Stadtteil Østerbro, ehe sie gemeinsam Richtung Schloss Christiansborg zogen, in dem sich unter anderem das dänische Parlament befindet. Dänische Medien schätzten, dass sich etwa 5000 Menschen vor der Botschaft versammelten.
Auch in Spanien sind die Menschen erneut gegen Rassismus auf die Straße gegangen. Nach Schätzungen der Polizei versammelten sich allein in der Hauptstadt Madrid Tausende Menschen. Vor der US-Botschaft verurteilten sie den Tod Floyds und wiederholten dessen letzte Worte "I can't breathe" (Ich kann nicht atmen). Außerdem riefen sie: "Kein Frieden ohne Gerechtigkeit" oder "Ihr, die Rassisten, seid die Terroristen." Für eine Schweigeminute knieten die Demonstranten nieder. Die Organisation der schwarzen, afrikanischen und afrikanischstämmigen Gemeinde in Spanien (CNAAE) hatte zuvor zu Protesten in einem Dutzend spanischer Städte aufgerufen, vom Baskenland bis zu den Kanarischen Inseln.
In Rom zogen die Demonstranten zur Piazza del Popolo. "Wir können nicht atmen", rief die Menge nach einer Schweigeminute. Es sei mehr als bedauerlich, dass im 21. Jahrhundert farbige Menschen noch immer wie Aussätzige behandelt würden, sagte der 26-jährige Ghanaer Abdul Nassir, der in der italienischen Hauptstadt studiert.
Sorge vor Ausbreitung von Corona durch Demos
Kritik gab es an den Demonstrationen vom Wochenende, die viele Politiker ausdrücklich begrüßten, weil der wegen der Corona-Pandemie geltende Mindestabstand nicht überall eingehalten wurde. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warnte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vor neuen Ansteckungen durch zu viel körperliche Nähe. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock bezeichnete die Anti-Rassismus-Proteste in London und anderen Städten des Landes als zusätzliche Gefahrenquelle in der Corona-Krise.
Weltweites Protestwochenende
Auslöser der Proteste ist die Tötung des Afroamerikaners George Floyd im US-Bundesstaat Minnesota. Er starb, nachdem ein weißer Polizist in Minneapolis ihm bei seiner Festnahme minutenlang das Knie auf den Nacken gedrückt hat, obwohl Floyd wiederholt sagte, er bekomme keine Luft mehr. Allein am Samstag gingen in Washington, Chicago, New York, Philadelphia, Los Angeles, San Francisco und anderen US-Großstädten Zehntausende auf die Straße. Ihre Kundgebungen markierten den Höhepunkt weltweiter Protestaktionen, an denen sich allein am Samstag unter anderem in Australien und Europa, auch in deutschen Städten, ebenfalls Zehntausende beteiligten.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas verwies in einem Tweet darauf, dass Rassismus nicht nur ein US-amerikanisches Problem sei. "In Deutschland leben 30.000 Rechtsextremisten. Es gibt rassistische Übergriffe, schwarze Menschen werden diskriminiert, Juden wird die Kippa vom Kopf gerissen. Wir müssen zuerst mal vor der eigenen Haustür kehren. Rassismus tötet nicht nur in den USA", twitterte der Bundesaußenminister.
qu/sti (ap, dpa, rtr, afp)