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EU prangert Steueroasen an

5. Dezember 2017

Als Erster verkündete es der französische Finanzminister: Die Europäische Union hat eine "Schwarze Liste" mit 17 Steueroasen zusammengestellt und setzt auf deren "Prangerwirkung". EU-Gebiete sind nicht auf der Liste.

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Steueroase Symbolbild
Steueroase? Die Virgin Islands (von ganz oben aus gesehen) Bild: picture-alliance/dpa

Ziel der EU-Finanzminister, die sich in Brüssel mit der "Schwarzen Liste" befassten, ist es, Drittstaaten zu mehr Transparenz in Steuerfragen und zu mehr Datenaustausch zu bewegen. Die betroffenen Staaten und Gebiete täten aus Sicht der EU nicht genug, "um Steuerflucht zu bekämpfen", sagte der französische Minister Bruno Le Maire am Dienstag vor Journalisten in Brüssel weiter. Nach EU-Angaben befinden sich unter anderem Südkorea, Tunesien oder Bahrain, Panama oder die chinesische Sonderwirtschaftszone Macau auf der Liste.

Die Finanzminister vereinbarten zudem - neben dem Imageverlust - mögliche Sanktionen gegen Steuerparadiese in den Blick zu nehmen. Der EU-Kommission geht dies aber nicht weit genug. "Ich appelliere an die EU-Staaten, sich nun zügig auf abschreckende Sanktionen zu einigen", meinte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Die Steuerpraktiken von gut 45 zusätzlichen Ländern beziehungsweise Steuerregionen sollen weiter unter die Lupe genommen werden, wie der estnische Finanzminister Toomas Tõniste erklärte.

Da es sich nicht um ein reguläres EU-Gesetzgebungsverfahren handelte, fand die Diskussion im Kreis der Finanzminister hinter verschlossenen Türen statt. Nach den Enthüllungen in den sogenannten "Panama Papers" im vergangenen Jahr sowie den "Paradise Papers" über Firmengeflechte und Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen hatte die Debatte in der EU an Fahrt gewonnen.  Der amtierende deutsche Finanzminister Peter Altmaier hatte im Vorfeld gesagt, die "Schwarze Liste" sei wichtig "im Hinblick auf die Erwartungen vieler Bürgerinnen und Bürger, die ihre Steuern bezahlen".

Schwarze und graue Listen

Die EU arbeitet schon seit April 2016 an der Liste, nachdem über die "Panama Papers" weltweit verbreitete Praktiken zu Steuerflucht und -vermeidung enthüllt wurden. Noch am Wochenende hatten einem Diplomaten zufolge rund 30 Länder auf der Liste gestanden. Im Januar war zunächst die Steuergesetzgebung in 92 Ländern und Gebieten als problematisch eingestuft. Rund 60 von ihnen wurden schriftlich aufgefordert, Reformen oder Klarstellungen in der Steuergesetzgebung vorzunehmen, um nicht auf der Liste zu landen.

Länder, die dies zugesagt haben, würden nun als "vorläufig kooperativ eingestuft" und kämen auf eine Art "graue Liste", sagte der Diplomat. Die EU werde "sorgfältig" beobachten, ob sich die Staaten und Gebiete an die Zusagen hielten. 

Kritik an dem Beschluss der EU-Finanzminister gab es aus dem Europaparlament. "Wenn wir glaubwürdig sein wollen, dürfen wir nicht bei Drittstaaten stehen bleiben, sondern müssen auch EU-interne Steueroasen ins Visier nehmen", meinte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Was im Vereinigten Königreich und den zugehörigen Überseegebieten über Malta bis hin zu Madeira vor sich geht, fällt für mich definitiv in die Kategorie Steueroase."

Die Entwicklungsorganisation Oxfam hatte schon vor dem Treffen der EU-Finanzminister  ein entschiedeneres Vorgehen im Kampf gegen Steuervermeidung gefordert.  Auch Oxfam betonte, auf die "Schwarze Liste" gehörten auch Irland, Malta, Luxemburg und die Niederlande, so ein Oxfam-Bericht, der zuvor in Berlin bekannt gemacht worden war.

Symbolbild Panama Papers
Geschätzte 60 Milliarden Euro Verluste durch SteueroasenBild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Der Finanzfachmann der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, hatte letzten Monat die Blockadehaltung etlicher EU-Staaten kritisiert. Trotz der Enthüllungen durch die "Panama-Papers" gebe es EU-Staaten, die Fortschritte in Steuerfragen verhinderten, so Giegold. In erster Linie seien dies Länder wie Luxemburg, Malta und Irland. Aber auch Deutschland und Österreich stellten sich teilweise quer.

Deutschland verliert 17 Milliarden

Die Steuerpolitik ist einer der wenigen Politikbereiche in der EU, in denen noch sämtliche Staaten Änderungen zustimmen müssen. Reformen sind daher besonders schwierig. Einzelne Steuern und Steuersätze festzulegen, fällt zudem in die Kompetenz der Nationalstaaten, Brüssel kann allerdings Vorschläge für die Rahmenbedingungen machen.

Unlängst hatten in den sogenannten "Paradise Papers" internationale Medien Finanzgeschäfte von Politikern, Prominenten und Konzernen über Briefkastenfirmen offengelegt. Diese sind nicht zwangsläufig illegal, können aber zur Steuervermeidung genutzt werden.   Durch Steuertricks internationaler Konzerne wie Apple oder Nike gehen den EU-Staaten jährlich rund 60 Milliarden Euro verloren, wie der französische Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman für die "Süddeutsche Zeitung" errechnet hat. Deutschland verliert demnach durch die Nutzung von Steueroasen am meisten - rund 17 Milliarden Euro jährlich.

ar/hb (dpa, afp, rtr)