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Erste russische Sportler dürfen nach Rio

Sarah Wiertz (mit dpa, sid)25. Juli 2016

Drei Fachverbände geben einen Tag nach dem IOC-Beschluss ihren russischen Athleten grünes Licht für die Olympischen Spiele. Einzig der Internationale Schwimmverband zieht bisher erste Konsequenzen aus dem McLaren-Report.

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Swetlana Kusnezowa
Bild: Reuters/USA Today Sports

Russische Tennisspieler, Judoka und Bogenschützen dürfen bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) starten. Dagegen hat der Schwimmverband FINA als erste Dachorganisation nach dem IOC-Beschluss bekannt gegeben, russische Sportler für die Sommerspiele in Brasilien zu sperren. Nikita Lobinzew, Wladimir Morozow und Darja Ustinowa sind laut FINA vom McLaren-Report betroffen. Zudem zog das russische Olympia-Komitee ROC vier Nominierte zurück, darunter die London-Olympiadritte Julija Efimowa, die bereits einmal wegen Dopings gesperrt war und damit die IOC-Kriterien nicht erfüllt.

Weitere Fälle werden von der FINA geprüft, der Weltverband ordnete zudem die Nachkontrolle aller Dopingproben von der WM 2015 im russischen Kasan an. Laut FINA-Auskunft sind im McLaren-Report keine russischen Synchronschwimmer, Wasserspringer und Wasserballer erwähnt. Das Internationale Olympische Komitee hatte sich am Sonntag trotz bewiesenem systematischen Dopings gegen einen kompletten Ausschluss Russlands für Rio entschieden.

"Werte des Sports sind in Gefahr"

Diesen Entschluss kann die deutsche Nationale Anti Doping Agentur (NADA) nicht nachvollziehen: "Unsere Arbeit ist beschädigt, die Glaubwürdigkeit unserer Arbeit, mittel- und langfristig", sagte die NADA-Vorsitzende Andrea Gotzmann. "Das ist ein Rückschritt in unserer Arbeit, und damit sind wir nicht alleine. Wir sind ziemlich entsetzt und werden auch eine entsprechende Stellungnahme abgeben. Die Werte des Sports und der Olympischen Charta sind in Gefahr."

Zustimmung für die Entscheidung von IOC-Präsident Thomas Bach äußerte der Sprecher der Linken-Fraktion im Sportausschus, André Hahn im DW-Interview: "Anders als viele Kommentatoren, die ich gehört und von denen ich gelesen habe, denke ich schon, dass das IOC eine Verantwortung hat, dass saubere Sportler auch bei den Olympischen Spielen starten dürfen. Und es gibt in Russland sicherlich auch Athleten, die nicht gedopt haben, und die zu Unrecht in eine Kollektivhaftung gekommen wären.

Deutschland Andre Hahn im Bundestag
Linke-Politiker Hahn im DW-Interview:"Es gibt in Russland auch Athleten, die nicht gedopt haben"Bild: picture alliance/dpa/L. Schulze

Swetlana Kusznezowa darf in Rio spielen

So sehen das auch die Dachorganisation ITF (Tennis), IJF (Jduo) und WA (Bogenschießen), die alle nominierten russischen Sportler in ihrer Disziplin die Erlaubnis erteilt haben, an den Sommerspielen in Brasilien teilzunehmen. So erklärt die Internationale Tennis-Föderation (ITF): "Die sieben russischen Nominierten sind Teil eines rigorosen Anti-Doping-Programms außerhalb ihres Landes", und verweist auf insgesamt 205 Blut- und Urinkontrollen seit 2014. Unter anderem gehört die ehemalige Nummer zwei der Welt und zweimalige Grand-Slam-Siegerin Swetlana Kusznezowa zum Aufgebot.

Ebenso wie der Weltverband der Bogenschützen (WA) wird auch der Judo-Weltverband IJF seinen russischen Athleten die Chance geben, in Rio eine Medaille zu gewinnen. Die IJF begründet es mit ihrer "globalen Anti-Doping-Strategie": 84 Prozent aller für Olympia qualifizierten Athleten seien bis vergangenen Dienstag im Training oder Wettkampf getestet worden. Drei Tage zuvor hatte bereits IJF-Präsident Marius Vizer, 2015 als Präsident aller Sport-Weltverbände (SportAccord) zurückgetreten, den "sauberen russischen Athleten" seine Unterstützung zugesichert: "Wir hoffen, dass sie dabei sein dürfen. Russland ist für das Judo sehr wichtig.

Mutko in Rio nicht dabei

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin, einst selbst Judoka, ist IJF-Ehrenpräsident. Putin selbst plant übrigens keinen Besuch der Eröffnungszeremonie der Sommerspiele. Er bedauerte jedoch, dass zahlreiche russische Sportfunktionäre keine Akkreditierung für die Spiele bekommen hätten, darunter auch Sportinister Witali Mutko.

"Ich bin bestürzt, wie schnell die ersten Weltverbände sämtliche nominierten Athleten aus Russland durchgewunken haben. Ich habe dann doch große Zweifel, dass da überhaupt eine verantwortungsvolle Prüfung stattfindet", sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. "Die Situation ist misslich. Wir müssen innerhalb kürzester Zeit darüber befinden, ob die drei für Rio qualifizierten russischen Tischtennisspieler sauber sind. Das ist auch für die Sportler eine schwierige Situation. Sie sitzen auf heißen Kohlen", äußerte sich beispielsweise der deutsche Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF, Thomas Weikert.

Das Osaka-Urteil

Während also die einzelnen Sportverbände die Verantwortung für oder gegen eine Teilnahme der russischen Sportler übernehmen müssen, bleibt der Ausschluss für den russischen Leichtathletik-Verband bestehen. Zudem entschied das IOC, alle ehemaligen russischen Doping-Sünder in Rio nicht auflaufen zu lassen. Das kritisiert der deutsche Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop: "Es ist eine Verletzung der Rechtsprechung des Internationalen Sportgerichts CAS und des Gleichheitsprinzips - und nimmt Bezug auf das sogenannte Osaka- Urteil.

Dieses besagt, dass Athleten nach einer mehr als sechsmonatigen Doping-Sperre nicht an den darauffolgenden Olympischen Spielen teilnehmen dürfen. Die 2008 vom IOC eingeführte Regel wurde vor fünf Jahren vom CAS aber für ungültig erklärt. Der Ausschluss der russischen Ex-Doping-Sünder widerspreche, so Prokop, dem Gleichheitsgrundsatz. "Ehemalige Doper aus anderen Ländern wie der US-Sprinter Justin Gatlin dürfen in Rio munter mitmachen", so Prokop.

15. Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking 2015 Justin Gatlin
Gatlin: zweimal des Dopings überführt, der US-Amerikaner darf trotzdem in Rio startenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Trifft das Paralympische Komitee eine andere Entscheidung?

Dagegen droht dem gesamten russischen Kader der Behindertensportler ungeachtet der Entscheidung des IOC weiter das Aus für die Paralympics in Rio (7. Bis 18. September). Das IPC hatte nach der Veröffentlichung des McLaren-Reports ein Ausschlussverfahren gegen den russischen Nationalverband eingeleitet. Das Internationale Paralympische Komitee hatte eine Liste mit den Namen von 35 Sportlern erhalten, deren Dopingproben laut Bericht manipuliert wurden. Zusätzlich wurden den Ermittlern 19 Proben von den Paralympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zur weiteren Untersuchung übermittelt, die als potentiell ebenfalls betroffen identifiziert worden waren. Eine Entscheidung über einen Ausschluss will das IPC bis zum 1. August treffen.