Erneuerbare wachsen nicht schnell genug
8. Juni 2018"Wir rasen einer 100 Prozent erneuerbaren Stromzukunft entgegen", sagt Rana Adib, Generalsekretärin von REN21 in Paris, dem globalen Netzwerk für erneuerbare Energien. Sie hat gerade den Renewables Global Status Report herausgebracht, den umfangreichsten Überblick über die neue Energiewelt.
Demnach wurden 2017 weltweit über 300 Milliarden Dollar in den Neubau von Solar-, Wind- und Wasserkraftwerken investiert und damit inzwischen mehr als doppelt so viel wie in fossile und nukleare Kraftwerke zusammen.
Spitzenreiter beim Ausbau der Erneuerbaren ist seit Jahren mit Abstand China. 127 Milliarden Dollar investierte das Land 2017 in den Ausbau von neuen Solar-, Wind-und Wasserkraftwerken und damit schon dreimal mehr als Europa (41 Milliarden Dollar) und die USA (41 Milliarden Dollar).
Obwohl man, angesichts der Klimaschutz-kritischen Rhetorik des US-Präsidenten Donald Trump, in den USA einen starken Rückgang der Erneuerbaren erwarten würde, ist dem nicht so. Dort waren die Investitionen relativ stabil, und gingen nur um 2,6 Milliarden Dollar zurück. In Europa, hingegen brachen sie im Vergleich zum Vorjahr viel deutlicher ein und gingen um 23,2 Milliarden Dollar zurück.
Europa, einst Vorreiter bei den Erneuerbaren Energien, hatte sein Engagement für die Erneuerbaren aber auch schon in den Vorjahren stark abgebremst. 2011 waren die Investitionen in Europa mit 128 Milliarden Dollar mehr als dreimal so hoch.
Ein starkes Wachstum der Erneuerbaren gibt es allerdings in vielen Entwicklungsländern. "Erneuerbare sind dort inzwischen eine Realität", heißt es im Report. Und im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, "investieren die Marshallinseln, Ruanda, die Salomonen, Guinea-Bissau und viele andere Entwicklungsländer genauso viel wie, oder sogar mehr als Industrie und Schwellenländer", lautet ein Fazit.
Millionen Menschen vor allem in Asien und Afrika haben zudem durch Erneuerbare Energien erstmalig Strom mit Hilfe sogenannter Solar-Home-System, bestehend aus Solarmodulen, Batterien und LED-Beleuchtung oder durch ein neu aufgebautes lokales Stromnetz im Dorf.
Klimaschutz braucht Wende in Gebäudeheizung und Verkehr
Erstmals seit vier Jahren stiegen die energiebedingten CO2-Emissionen, im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Prozent. "Der Anstieg war das Ergebnis des globalen Wirtschaftswachstums von 3,7 Prozent, niedrigen Preisen für fossile Energien und den weltweit schwachen Bemühungen für mehr Energieeffizienz", sagt Arthouros Zervos, Vorsitzender von REN21.
Trotz der Dynamik hin zu Erneuerbaren Energien im Stromsektor käme der weltweite Umbau zu einer klimafreundlichen Energieversorgung insgesamt "nicht mit der erforderlichen Geschwindigkeit voran", warnt er.
Im Klimaabkommen von Paris wurde festgelegt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse aber auch im Verkehr und bei der Energieversorgung von Gebäuden noch viel passieren, "ähnlich wie im Stromsektor und zwar schnell", lautet die Mahnung im Report.
Rund 80 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs gehen laut REN21 auf das Konto des Verkehrs und in die Energieversorgung von Gebäuden. Steigt der Anteil der erneuerbaren Energien hier nicht schnell und signifikant, dann wird es mit den gesetzten Klimazielen schwierig: "Bei den Gebäuden und beim Verkehr fahren wir im Leerlauf, so, als hätten wir die Zeit der Welt. Leider ist es aber so nicht", betont Rana Adib.
Klimaschutz braucht Politik
Der Report wird vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der deutschen Bundesregierung finanziell unterstützt. Auf 350 Seiten gibt er einen Überblick über Innovationen und Trends und Empfehlungen für die Politik. Erfreulich ist laut Report der positive Jobeffekt durch Erneuerbare Energien. Weltweit gibt es in dem Sektor inzwischen rund 10,3 Millionen Jobs. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Beschäftigten um mehr als 500.000.
China, das mit seinen großen Investitionen zugleich auf die weltweite Technologieführerschaft bei den Erneuerbarensetzt, hat hier inzwischen rund 4,2 Millionen Arbeitsplätze geschaffen und damit gut dreimal mehr Jobs als es in Europa, Brasilien oder den USA im Bereich der Erneuerbaren gibt.
"Zur Umsetzung der Energiewende brauchen wir politische Führung der Regierungen", sagt Zervos bei der Vorstellung des Reports. So sei es beispielsweise erforderlich, Subventionen für fossile Brennstoffe und Atomkraft abzuschaffen.
Laut REN21 wird derzeit die Förderung und Nutzung fossiler Brennstoffe noch mit jährlich 370 Milliarden Dollar direkt subventioniert, der Aufbau Erneuerbarer aber nur mit 140 Milliarden Euro.
Darüber hinaus sei es wichtig, Investitionen in neue Infrastruktur zu tägigen und politische Richtlinien für Verkehr und Gebäude festzulegen, damit diese weniger Energie verbrauchen und Erneuerbare die Versorgung übernehmen können. "Ohne diese Führung wird es schwierig für die Welt, die Klima- und nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen", betont Zervos.