Sonne und Wind schon günstigste Technologie
22. März 2018Der weltweite Boom von Solar- und Windkraft lässt die Preise für die Anlagen kräftig sinken. In Deutschland sind deshalb bereits heute neu errichtete Photovoltaik- und Windanlagen, wenn sie an den richtigen Standorten stehen, "günstiger als fossile Kraftwerke, und dieser Trend wird sich bis 2035 deutlich verstärken", sagt Christoph Kost vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Europas führender Forschungseinrichtung auf diesem Gebiet.
Kost hat mit Kollegen in einer Studie die aktuellen und zukünftigen Kosten der verschiedenen Technologien zur Stromproduktion in Deutschland genauer untersucht. Demnach sind die Kosten Stromproduktion mit neuen Photovoltaikanlagen in den letzten sechs Jahren am stärksten gesunken, um über 60 Prozent.
Heute kann deshalb laut Studie Solarstrom in großen Anlagen auf der Wiese an sonnenreichen Standorten in Süddeutschland schon für 3,7 Cent pro Kilowattstunde (kWh) erzeugt werden und mit großen Dachanlagen dort schon ab fünf Cent.
Damit ist Solarstrom an einigen Orten in Deutschland schon heute günstiger als Windstrom an guten Küstenstandorten (der kostet ab vier Cent pro KWh) und Strom aus einem neuen Kraftwerk mit Braunkohle (ab 4,6 Cent/kWh) oder Steinkohle (ab 6,3 Cent/kWh).
Da die Preise für Solaranlagen durch zunehmende Massenproduktion auch in Zukunft weltweit sinken, verschiebt sich der Kostenvorteil der Solarkraft zukünftig weiter: Im Jahr 2035 wird laut Prognosen der Studie die Erzeugung von Solarstrom mit neuen großen Anlagen nur noch zwischen 2,2 und 3,9 Cent/kWh in Deutschland kosten. Der Strom aus neuen Kohle- und Gaskraftwerken würde jedoch teurer, da diese Kraftwerke immer weniger ausgelastet sind und nicht mehr rund um die Uhr laufen.
Alte Kraftwerke bleiben vorerst rentabel
Die Autoren der Studie vergleichen anhand von vielen Daten die Kosten der Stromproduktion mit unterschiedlichen Technologien. Aus ökonomischen Gründen rentiert sich deshalb der Bau von fossilen Kraftwerken in Deutschland nicht mehr.
Auch RWE-Power, Europas größter Stromproduzent mit Braunkohle zeigt sich schon länger skeptisch ob sich ein geplantes Braunkohlekraftwerk noch lohnt - etwa das "modernste und umweltfreundlichste Braunkohlekraftwerk des Rheinischen Reviers" - wie die Firma ihr BoAplus - ein neues Projekt in Niederaußem - nennt.
"Wir treiben das Planungsverfahren zu ,BoAplus‘ voran, um uns die Option eines Kraftwerk-Neubaus zu erhalten. Wir werden die Pläne aber nur realisieren, wenn sie auch wirtschaftlich sind – und das ist bei den aktuellen Strompreisen nicht der Fall", sagte der ehemalige Vorstandsvorsitzender von RWE Power Matthias Hartung im letzten Jahr dem WDR. "Wir werden kein Geld in eine Anlage investieren, mit der wir kein Geld verdienen können."
Anders sieht es allerdings mit alten und abgeschriebenen Kraftwerken aus und da ist die Stromerzeugung mit Braunkohle für die Betreiber sehr rentabel. "Braunkohle wird ja direkt neben dem Kraftwerk gefördert und dann verbrannt, das macht sie günstig", erklärt Christoph Podewils von der Denkfabrik Agora Energiewende. Nach Berechnungen von Agora lässt sich Strom in den Braunkohlekraftwerken bereits ab 1,1 Cent pro kWh erzeugen und so entsprechend Geld verdienen.
Teuer ist Kohlestrom allerdings wegen seiner hohen Emissionen: Laut Umweltbundesamt verursacht Strom aus Braunkohle durch Klimaveränderungen und Luftverschmutzung Kosten von durchschnittlich 19,6 Cent pro kWh und aus Steinkohle noch 16,6 Cent/kWh. Diese sogenannten externen Kosten werden allerdings von den Kraftwerksbetreibern nicht bezahlt.