Erlesener Wein dank Sortiermaschine
13. November 2013Kai-Uwe Vieth steht vor dem Aufbau seiner Weintrauben-Sortiermaschine auf dem Gelände der Hochschule Geisenheim. Für einen kurzen Vortest schaltet der Fraunhofer-Forscher die sechs Meter lange Apparatur ein, die mit lautem Surren zum Leben erwacht. Dann greift der Forscher in den kleinen, durchsichtigen Eimer, in dem die roten Trauben liegen - und lässt eine Handvoll davon auf das blaue Förderband vor ihm fallen.
Innerhalb weniger Sekunden schießen die reifen Beeren mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde über das Band und unter einer Hochleistungs-Zeilenkamera hindurch. Die schießt pro Sekunde 18.000 Bilder der einzelnen Trauben. Dabei erkennt sie den Reifegrad jeder einzelnen Beere anhand der Form und der unterschiedlichen Farbnuancen.
Innerhalb von wenigen Millisekunden werden die Aufnahmen mit Hilfe einer speziellen Auswertungssoftware ("TeachNSort") analysiert : Die guten Früchte fallen daraufhin sanft in einem grauen Bottich. Die fauligen, schimmeligen oder noch nicht reifen Früchte, Blätter und Steine werden dagegen mit sehr lautem "Plopp, plopp plopp" per Druckluft blitzschnell vom Band gepustet, um unsanft in einem Stahlbehälter zu landen.
Vieth möchte mit seiner Sortiermaschine Winzern die Weinherstellung erleichtern. Spitzentrauben werden im Nu erkannt und vom Rest, der die Weinqualität beeinträchtigen könnte, abgetrennt. Die bisherigen Tests verlaufen vielversprechend, versichert Vieth und mustert dabei die Trauben in den Bottichen: "Genau so sollen sie aussehen. Damit kann der Winzer dann unterschiedlichste Weine herstellen. Entwickelt wurde die Anlage von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) in Karlsruhe. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) fördert das Projekt mit 500.000 Euro.
Genauigkeit von 99 Prozent
Auch Diplom-Ingenieurin Magali Lafontaine ist zufrieden mit den Traubensortier-Testläufen. Sie kontrolliert, ob "GrapeSort" - so heißt die Anlage - verlässlich hält, was sie verspricht: "Wir haben der Maschine vorgegeben, was sie aussortieren soll. Und das hat jedes Mal ganz wunderbar geklappt", sagt die Mitarbeiterin am Institut für Allgemeinen und Ökologischen Weinbau der Hochschule Geisenheim. Dabei beugt sie sich über nebeneinanderstehende kleine Aluminiumschälchen. Hierhinein sortierte die Maschine aus einigen hundert Kilogramm Spätburgundertrauben, was ihr die Wissenschaftler vorgaben: Jetzt stehen der oberen Reihe die Schalen mit den "guten" Trauben, in der Reihe darunter die Schalen mit den "schlechten" Trauben.
Eine Schale in der oberen Reihe trägt die Aufschrift: "100 Prozent faul Positiv". Darin liegt nur eine einzige Beere. Die Maschine hat sie tatsächlich problemlos erkannt. Die Genauigkeit liege bereits bei 99 Prozent, sagt Lafontaine und ist sicher, das dies die Weinqualität noch einmal entscheidend verbessern kann.
GrapeSort soll bald auch den Zuckergehalt messen
Pro Stunde lassen sich mit der neuen Sortiermaschine mittlerweile etwa fünf bis acht Tonnen Trauben nach ihrem Reifegrad und Zustand begutachten. Doch schon bald wollen die Fraunhofer-Forscher auch den Zuckergehalt der Beeren ermitteln.
Doch bevor GrapeSort diesen nächsten Schritt zur Qualitätskontrolle erlernt, fährt jetzt ein grüner Traktor mit lautem Nageln des Dieselmotors vor. Geladen hat er eine große, graue Plastikwanne, die er vor der Versuchsanlage absetzt. Gleich werden Vieth und sein Team erneut 150 Kilogramm Spätburgunder-Trauben über das Förderband jagen und sie im Schnelldurchlauf begutachten lassen.
Sicher sind sich die Forscher in einem: Die Maschine kann die Arbeit der Winzer verbessern. Denn die Weinlese ist eine langwierige Arbeit, die auch heute oft noch per Hand erfolgt: Zahlreiche Erntehelfer tummeln sich dann in den Weinbergen, schneiden die reifen Trauben von den Pflanzen und sammeln sie in Bütten. Dafür gibt es zwar auch spezielle Maschinen, die aber beim Abernten nicht nach guten oder schlechten Beeren auswählen: Alle Trauben landen in der Kiste. Und das kann GrapeSort besser, versichert Kai-Uwe Vieth.