Duell um den Klassenerhalt
19. Mai 2016Im Umfeld von Eintracht Frankfurt fällt in den vergangenen Tagen besonders ein Name sehr oft: Alex Meier. Der Torjäger ist der Hoffnungsträger, wenn es für die Frankfurter an diesem Donnerstag und kommendem Montag (jeweils 20:30 Uhr MESZ, ab 20:15 Uhr im DW-Liveticker) in der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg darum geht, den fünften Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Zehn Wochen lang fehlte Meier seinem Team verletzt nach einer Knie-OP. Nun scheint sich der Wunsch der Fans, die ihren "Fußball-Gott" wieder auf dem Rasen sehen möchten, zu erfüllen. Eintracht-Trainer Niko Kovac gab vor dem Hinspiel gegen Nürnberg fast schon grünes Licht für ein Comeback des vermeintlichen Heilsbringers. "Ja", antwortete Kovac auf die Frage, ob er Meier einen Einsatz von Beginn an zutraue. Und er ergänzte: "Wir können personell aus dem Vollen schöpfen." Als Kovac diese Aussage machte, wusste er allerdings noch nicht, dass wenige Stunden später die Tumor-Erkrankung seines Ersatz-Kapitäns Marco Russ das Team schocken würde. Trotz der niederschmetternden Diagnose wird Russ gegen Nürnberg auflaufen und sogar in der Startelf stehen.
Und auch der genesene Meier zeigt sich bereit für die Rettungsmission seines Klubs, für den er seit zwölf Jahren spielt: "Ich bin schmerzfrei", betonte der 33-Jährige. Es gehe jetzt nur noch darum, sich im Training Sicherheit zu holen und "die Automatismen reinzubekommen". Wie wichtig der Bundesliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison für die Eintracht ist, zeigt die Statistik: Obwohl Meier in dieser Spielzeit nur bei 19 Ligaspielen mitmachen konnte, führt er die mannschaftsinterne Torschützenliste mit zwölf Treffern und großem Vorsprung auf den Niederländer Luc Castaignos an, der als Zweitbester mit gerade einmal vier Toren folgt. Gegen die Nürnberger soll Meier nun trotz seiner langen Pause und der fehlenden Spielpraxis wieder treffen. Dass er in der Lage ist, direkt wertvoll zu sein, hat er bereits bei seinem ersten Saisonspiel im September bewiesen, als er gegen den 1. FC Köln bei seiner Rückkehr nach langer Verletzungspause gleich drei Tore erzielte.
Gerade in der Offensive fehlte es der Eintracht zuletzt an Durchschlagskraft. Zwar gelang es Kovac in den letzten Spielen der Saison, die Defensive zu stabilisieren, vorne allerdings waren die Frankfurter harmlos. Auch deswegen, weil der Trainer seinem Team eine zu defensive Marschrichtung verordnete. Am 33. Spieltag gewann man überraschend mit 1:0 gegen Borussia Dortmund - mit Glück und dank einer 75 Minuten langen Abwehrschlacht. Im entscheidenden 34. Spiel bei Werder Bremen ging dieselbe Mauer-Taktik ebenfalls lange auf, aber nur bis zur 88. Minute: Bremen traf, gewann das Spiel und zog in der Tabelle an Frankfurt vorbei. Gegen den "Club" aus Nürnberg soll es daher wieder etwas offensiver zugehen. Zumal davon auszugehen ist, dass die Nürnberger, die in der 2. Liga in 34 Spielen 68 Tore erzielt haben, in der Lage sind, auch gegen Frankfurt zu treffen. "Nürnberg kommt mit Wucht und Selbstvertrauen. Da müssen wir die spielerischen Elemente wieder in den Vordergrund rücken", sagte Sportdirektor Bruno Hübner bereits am Sonntag.
Selbstvertrauen und Raphael Schäfer
Für den 1. FC Nürnberg spricht, dass man sich bereits seit längerer Zeit darauf einstellen konnte, in der Relegation dabei zu sein als die Frankfurter. Der dritte Platz steht für den "Club" seit Ende April fest. So konnte Nürnbergs Coach René Weiler einige Spieler schonen, während die Eintracht mit einem Kraftakt noch den direkten Abstieg verhindern musste. Das Selbstvertrauen der Nürnberger ist groß. Nach schwachem Start in die Saison hat der FCN eine tolle Serie hingelegt und hätte fast sogar noch den Zweitplatzierten RB Leipzig abgefangen.
Vor allem zu Hause ist Nürnberg eine Macht: Im Frankenstadion verlor der "Club" nur eine Partie. Weiler verfügt über den zweitbesten Angriff im Unterhaus. Fußballerisch mithalten können die Nürnberger. Mit Guido Burgstaller und Niclas Füllkrug bilden zwei schnelle und große Spieler den Angriff. Zusammen haben sie 27 Mal getroffen. Ein zusätzliches Pfund ist die Rückkehr des lange verletzten Stammkeepers Raphael Schäfer. Sorgen machen muss sich Weiler allerdings um die Nervenstärke seines Teams: Als es in der Endphase der 2. Liga darum ging, Schwächen von Leipzig auszunutzen und auf Rang zwei zu klettern, versagte die Mannschaft und handelte sich gegen Karlsruhe und Duisburg zwei vermeidbare Niederlagen in Folge ein.
Relegationserfahrung auf beiden Seiten
Sowohl Frankfurt als auch Nürnberg haben Erfahrung mit der Relegation. Die Eintracht überstand als Erstligist die Ausscheidungsduelle 1984 gegen den MSV Duisburg und 1989 gegen den 1.FC Saarbrücken. Nürnberg setzte sich 2009 als Zweitligist gegen Energie Cottbus durch und stieg auf. Im Jahr danach verhinderte der "Club" gegen den FC Augsburg den direkten Wiederabstieg.
Als Erstligist darf diesmal Eintracht Frankfurt zunächst zu Hause antreten. Am Montag folgt das Rückspiel in Nürnberg. Die Regularien sind dieselben wie im Europapokal: Bei Gleichstand entscheiden die mehr geschossenen Auswärtstore. Sollte es nach zweimal 90 Minuten dennoch keinen Sieger geben, folgen zweimal 15 Minuten Verlängerung und gegebenenfalls ein Elfmeterschießen.