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Die Grausamkeiten der ISIS im Internet

Birgit Svensson, Bagdad16. Juni 2014

Bilder von Massenhinrichtungen irakischer Soldaten durch islamistische Terroristen zirkulieren im Internet. Das Verteidigungsministerium in Bagdad bestätigte ihre Echtheit. Trotzdem bleiben Fragen offen.

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ISIS-Kämpfer mit erhobenen Waffen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Bilder sind schockierend: Tote Gefangene liegen in Blutlachen. Männer in Zivilkleidung knien vor einem Bewaffneten nieder. Er trägt eine schwarze Dschihadisten-Fahne, wie sie die ISIS-Terroristen benutzen. Am Anfang der Bilderserie steht die Überschrift: "Die Reinigung von Hunderten Mitgliedern der Safaviden-Armee." Safaviden-Armee ist ein erniedrigender Begriff, den sunnitische Extremisten für die inzwischen mehrheitlich schiitisch geprägte irakische Armee gebrauchen. Die Safawiden waren eine persische Fürstendynastie im 16. Jahrhundert.

Wo genau die Fotos aufgenommen wurden, ist nicht bekannt. Als Ort wird lediglich die Provinz Salahuddin angegeben, wo in den Städten Tikrit und Baiji letzte Woche heftige Gefechte zwischen ISIS-Kämpfern und irakischen Sicherheitskräften tobten. Zuerst wurden die Bilder einzeln auf Twitter verbreitet, dann liefen sie als Serie auf mehreren einschlägigen Dschihadisten-Webseiten. ISIS selbst veröffentlichte Videos mit ähnlichem Inhalt. Hunderte Männer, angeblich irakische "Kriegsgefangene", werden bei ihrer Hinrichtung gezeigt. Allerdings ist nicht eindeutig zu erkennen, ob es sich um dieselben Männer handelt wie auf den Fotos.

Größtes Massaker seit 2003?

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Bagdad bestätigte die Echtheit der Fotos und ordnete sie den Kämpfen in der Provinz Salahuddin zu. Über das Video konnte er keine Angaben machen. Allerdings liegt es im Interesse der irakischen Regierung, die Grausamkeiten ihrer Gegner zu bestätigen. Gleichzeitig wollen auch Terroristen ihren Triumph medienwirksam darstellen. Ohne Zweifel hat ISIS in den letzten Jahren zahlreiche irakische und syrische Soldaten hingerichtet und Videos darüber gedreht. Bilder von Männern in Uniformen mit Handschellen und Augenbinden, die von hinten per Kopfschuss getötet werden, sind fast schon zum Markenzeichen der Dschihadisten geworden. Sollten die jetzt veröffentlichten Fotos und Videos tatsächlich authentisch sein, wäre dies das größte Massaker seit dem Einmarsch der US-Truppen im Irak 2003.

Infografik: ISIS im Irak und Syrien

Doch bei diesem Urteil ist Vorsicht geboten. Normalerweise untermalt ISIS ihre Videos mit heroischen Klängen oder Dschihadisten-Musik. Das fehlt hier gänzlich. Außerdem gab es bislang keinerlei Reaktion seitens der Familien der vermeintlich Exekutierten. Das könnte aber auch daran liegen, dass die Familien Angst haben, sich zu äußern.

Parallelen zu Al-Kaida

Die Grausamkeit der ISIS-Terroristen ist schon länger bekannt. Sogar Al-Kaida-Chef Ayman al-Zawahiri hat sich von der Truppe distanziert. "Wir haben keine Verbindung zur ISIS", teilte er in einer schriftlichen Botschaft im Februar mit. ISIS sei keine Filiale von Al-Kaida. Und doch erinnern die Methoden verblüffend an die der ersten Terrorjahre im Irak, als Al-Kaida das Sagen hatte.

Internetvideo: Al-Kaida Ayman al-Zawahiri im Jahr 2009 (Foto: EPA)
Al-Kaida-Chef al-Zawahiri distanzierte sich von ISISBild: picture-alliance/dpa

Vor laufender Kamera ließen deren Mitglieder damals westliche Geiseln köpfen, Leichen an Brücken aufhängen, Gliedmaßen abschneiden. ISIS ist ein Ableger Al-Kaidas. Dass sich diese Gruppe nun verselbstständigt und den Horror weitertreibt, entlastet den Urheber nicht. Trotzdem - oder gerade deshalb - ist bei der Beurteilung der medialen Darstellung dieser Grausamkeiten eine skeptische Haltung wichtig.