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Homo-Ehe - Ja, wir wollen?

Carla Bleiker4. März 2013

Die Bundesspitze der CDU hat sich gegen die steuerliche Gleichstellung Homosexueller ausgesprochen. Eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft soll nicht wie eine Ehe behandelt werden. Die Parteibasis ist gespalten.

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Zwei Männer gehen mit einem kleinen Jungen an der Hand (Foto: picture alliance / Wolfram Steinberg)
Bild: picture alliance / Wolfram Steinberg

Frank Henseler ist stolz auf seine Partei, die Christlich Demokratische Union (CDU). Der Vorsitzende des Bonner Ortsverbands Tannenbusch/Buschdorf unterstützt die Gleichstellung von Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft, die Bundesfraktionschef Volker Kauder jetzt prüfen lässt. "Es hat mich gefreut, dass sie endlich diesen Schritt gemacht haben auf der Führungsetage", sagt der 31-Jährige bei einem Treffen des Ortsverbandes der DW. "In meinen Augen war es schon längst überfällig, dass man sich endlich in diese Richtung öffnet und durchaus akzeptiert, dass es auch andere Lebenseinstellungen gibt als solche, die die CDU sonst immer propagiert hat."

Nicht alle in Henselers Ortsverband sehen das so. Konrad Laube, Vorstandsmitglied und aus einer anderen, älteren Generation als sein Vorsitzender, steht der neuen Entwicklung in der Union kritisch gegenüber. "Ich bin der Meinung, dass wir uns immer noch auf Artikel 6 des Grundgesetzes stützen, wo Familie und Ehe auf besondere Weise geschützt sind", sagt Laube. "Und Ehe ist etwas anderes als die Lebenspartnerschaft von Schwulen und Lesben." Schriftführer Peter Kleusch findet noch deutlichere Worte. "Ich bin dagegen", sagt Kleusch über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. "Das ist für mich keine christliche Ehe. Das ist unnatürlich."

Zugzwang wegen Gerichtsentscheidung

Die Meinungen an der Parteibasis gehen weit auseinander. Aber stillhalten und das kontroverse Thema ignorieren kommt für die CDU nicht mehr in Frage. Am 19. Februar hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass homosexuelle Männer und Frauen das Adoptivkind ihres Lebenspartners ebenfalls adoptieren dürfen. Ein großer Schritt nach vorn für homosexuelle Paare, aber eine schwierige Lage für die CDU. Sie gilt als die konservative Volkspartei mit traditionellen Werten in Deutschland. Armin Laschet, Vorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", dass seine Partei ihre Politik vollständig "aus dem christlichen Menschenbild" heraus erklären sollte. Etwa die Hälfte der CDU-Mitglieder sind katholisch. Und das Ehe- und Familienbild der katholischen Kirche ist eindeutig: Mann und Frau gehören zueinander, nicht Mann und Mann oder Frau und Frau.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, v.l. Gabriele Britz, Ferdinand Kirchhof (Vorsitz) und Reinhard Gaier stehen in ihren Roben im Gerichtssaal in Karlsruhe. (Foto: Uli Deck/dpa)
Das Bundesverfassungsgericht hat das Adoptionsrecht für Homosexuelle gestärktBild: picture alliance / dpa

Bisher zählten Lesben- und Schwulen-Rechte also nicht zu den Steckenpferden der Christdemokraten. Noch auf dem Bundesparteitag im Dezember hatte sich die Mehrheit der Partei unter der Führung von Kanzlerin Angela Merkel gegen eine steuerliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften ausgesprochen. Aber diesen September stehen Bundestagswahlen an, die die CDU unbedingt gewinnen will. Da kann es nicht schaden, neue Wählergruppen zu erschließen. Vollziehen einige christdemokratische Politiker gerade tatsächlich einen Sinneswandel oder streben sie einen Imagewechsel an - pünktlich zur Wahl?

Für die CDU ein Drahtseilakt

Beides ist richtig, sagt Parteienforscher Carsten Koschmieder vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Einerseits gebe es in der CDU schon länger ein Lager, das aus Überzeugung für Modernisierung kämpft und beispielsweise den Atomausstieg vorangetrieben hat. Andererseits rieten Experten aus strategischen Gründen vor der Bundestagswahl zu Änderungen im Programm, so der Politikwissenschaftler.

Die Partei muss den Drahtseilakt bewältigen, zwischen dem traditionell-konservativen und dem liberaleren Lager der Partei zu vermitteln. "Es ist nicht ganz klar - aus strategischer Sicht: Wie viele Stimmen kann man in der Mitte gewinnen, und wie viele Stimmen kann man am konservativen Rand verlieren?", sagt Koschmieder der DW. "Es gibt Strategen in der CDU, die sagen 'Es sind mehr, die wir in der Mitte gewinnen, gerade im großstädtischen Milieu oder unter den jungen Leuten. Und da müssen wir uns verändern.'"

Bundeskanzlerin Angela Merkel gestikuliert während einer Rede hinter ihrem Rednerpult. (Foto: REUTERS/Thomas Peter)
Kanzlerin Angela Merkel muss beide Lager ihrer Partei zufrieden stellenBild: Reuters

Ein weiterer Faktor ist das Bundesverfassungsgericht, das der CDU mit der Adoptionsentscheidung nun schon einmal Grenzen aufgezeigt hat - und wahrscheinlich auch in der Frage der steuerlichen Gleichstellung zugunsten homosexueller Paare entscheiden wird. "Ich halte die Haltung der Unionsfraktion für logisch", sagt Merkel-Biograf und Politikwissenschaftler Gerd Langguth. "Es geht nicht nur darum abzuwarten, was das Verfassungsgericht sagt, sondern offensiv aufzugreifen, was das Verfassungsgericht will."

Verband erfreut über Veränderung

Die Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland, Renate Rampf, sieht die CDU jetzt unter Handlungszwang. "Auch konservative Wähler wollen keine Partei haben, die so schwach ist, dass sie vom Bundesverfassungsgericht vor sich hergetrieben wird", sagt Rampf der DW.

Portrait von Renate Rampf, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland. (Foto: http://www.lsvd.de/980.0.html)
Renate Rampf, Vorsitzende des Lesben- und SchwulenverbandesBild: LSVD

Ob die CDU nur unter dem Druck des Gerichts oder tatsächlich aus Überzeugung handelt, ist Rampf egal. Der Schritt zu mehr Gleichberechtigung ausgerechnet von der christlich-konservativen Partei ist zwar ungewöhnlich. Aber Rampf sagt: "Für uns ist egal, ob das die Union oder die FDP oder die SPD macht." Die Hauptsache sei, dass endlich etwas passiert.