Deutschland verzeichnet Rekordinflation
13. Oktober 2022Die deutschen Verbraucherpreise sind im September wegen teurer Energie so stark gestiegen wie seit Anfang der 1950er Jahre nicht mehr. Nach dem Wegfall von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt kosteten Waren und Dienstleistungen durchschnittlich 10,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag eine frühere Schätzung bestätigte. Im August hatte die Inflationsrate noch 7,9 Prozent betragen.
"Hauptursachen für die hohe Inflation sind nach wie vor enorme Preiserhöhungen bei den Energieprodukten", sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Georg Thiel. "Aber wir beobachten zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Gütern, besonders bei den Nahrungsmitteln."
Der finanzielle Spielraum der Deutschen schrumpft. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, diese können sich für einen Euro weniger leisten.
Strom und Lebensmittel
Energie kostete im September 43,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dabei haben sich die Preise für leichtes Heizöl binnen Jahresfrist mit plus 108,4 Prozent mehr als verdoppelt, die Teuerung für Erdgas betrug 95,1 Prozent. Für Strom wurden 21,0 Prozent mehr verlangt, für Kraftstoffe 30,5 Prozent mehr. Nahrungsmittel verteuerten sich um 18,7 Prozent. "Insgesamt hat sich der Preisauftrieb hierfür seit Jahresbeginn sukzessive verstärkt", so die Statistiker.
Erheblich teurer wurden Speisefette und Speiseöle (+49,0 Prozent) sowie Molkereiprodukte und Eier (+29,1). Auch für Fleisch und Fleischwaren (+19,5 Prozent) sowie für Brot und Getreideerzeugnisse (+18,5) erhöhten sich die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar.
Es wird noch härter
Das Ende der Fahnenstange ist damit noch nicht erreicht. "Die Inflationsrate dürfte in den kommenden Monaten auf jeden Fall auf elf Prozent steigen", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser kürzlich. Auch als Folge der stark gestiegenen Energiepreise wollen viele Unternehmen die höheren Kosten an ihre Kunden weiterreichen, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Umfrage herausfand.
Demnach planen etwa alle Lebensmittelhändler mit Preiserhöhungen. "Das birgt natürlich sozialen Sprengstoff, denn die Haushaltseinkommen steigen weit weniger", sagte Wollmershäuser. Ab 2023 dürfte dann die von der Bundesregierung angekündigte Gas- und Strompreisbremse wirken.
Entspannung nicht vor 2024
Die Bundesregierung prognostiziert für das laufende Jahr eine durchschnittliche Teuerungsrate von 8,0 Prozent, die 2023 auf 7,0 Prozent fallen soll. Ohne die geplanten Preisbremsen bei Strom und Gas wären es nächstes Jahr noch deutlich mehr, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Für 2024 kalkuliert die Regierung mit einer Inflation von 2,4 Prozent. Habeck verwies bei der Vorlage der Regierungsprognose am Mittwoch auf die steigenden Leitzinsen in Europa. "Das wird sicherlich wirken." Außerdem dürften die Energiepreise - der Haupttreiber der Inflation - 2024 nachlassen durch staatliche Maßnahmen sowie ein ausgeweitetes Angebot.
dk/hb (dpa/rtr)