Deutsches Schiff irrt durchs Mittelmeer
22. Juni 2018Die "Lifeline" hatte am Donnerstag 234 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. Der Einsatz wurde von der zentralen Seenotrettungsleitstelle in Rom koordiniert und fand in internationalen Gewässern statt, wie der Sprecher der Dresdner Nichtregierungsorganisation (NGO) Mission Lifeline, Axel Steier, erklärte. Doch die Regierungen in Italien und Malta sehen das anders und schieben sich gegenseitig die Zuständigkeit zu.
Weder habe Malta die Rettung koordiniert, noch sei es die zuständige Stelle dafür, machte ein Regierungssprecher am Freitagabend in Valletta deutlich. Die Aktion habe zwischen Libyen und der italienischen Insel Lampedusa stattgefunden.
Italiens Verkehrsminister Danilo Tonanelli, zuständig für die Häfen des Landes, sprach daraufhin von Verantwortungslosigkeit. Stunden zuvor hatte der Minister der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung erklärt, wenn die "Lifeline" nicht an einem maltesischen Hafen anlege, werde das Schiff beschlagnahmt.
Innenminister Salvini spricht von "Menschenfleisch"
Der römische Innenminister Matteo Salvini, Chef der fremdenfeindlichen Lega Nord, meinte, die unter niederländischer Flagge fahrende "Lifeline" solle die Migranten doch nach Holland bringen. Zugleich zog er über die Mission Lifeline her. Die NGO habe die Anweisung der zuständigen Behörden, dass die libysche Küstenwache die Menschen aufnehme, ignoriert, sagte Salvini. "Sie riskieren das Leben der Migranten auf den Schlauchbooten, hören nicht auf die italienischen und libyschen Behörden und intervenieren, um diese wertvolle Ware von Menschen - von 'Menschenfleisch' - an Bord zu laden." Für ihn seien NGOs "Vize-Schlepper", die Geld mit den Migranten machen wollten.
Vor rund zwei Wochen hatte die neue populistische Regierung in Italien der "Aquarius" der Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen erstmals die Einfahrt in einen Hafen verwehrt. Auch Malta lehnte die Aufnahme der 630 Flüchtlinge ab, weshalb die"Aquarius" schließlich das spanische Valencia ansteuerte, wo die Migranten von Bord gingen.
Andere private Retter im Mittelmeer nahmen seither keine Flüchtlinge mehr auf, da sie davon ausgehen, dass kein europäischer Staat die Migranten an Land lassen will.
Schleuser in Tunesien gefasst
In Tunesien nahmen Sicherheitskräfte nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes, bei dem 87 Menschen ertrunken waren, den mutmaßlich verantwortlichen Schlepper fest. Es handele sich um einen 32-jährigen Tunesier, gab das Innenministerium in Tunis bekannt. Das Schiff war Anfang Juni bei der Fahrt von der tunesischen Küste Richtung Europa gesunken. Das Unglück gilt als eine der schlimmsten Tragödien auf dem Mittelmeer in diesem Jahr. Hunderte von Flüchtlingen sterben jedes Jahr bei dem Versuch, in oftmals überfüllten und nicht seetauglichen Booten die europäische Küste zu erreichen.
se/nob (dpa, kna, afp, rtr)