Schulen für das Westjordanland
9. Juli 2013Das kleine palästinensische Dorf Ramadeen liegt in der kargen Landschaft des Westjordanlands. Auf dem Rohbau der künftigen "Wadi al Sultan"-Grundschule wehen deutsche und palästinensische Flaggen im heißen Wüstenwind. Am südlichsten Zipfel des Westjordanlands legt Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel den Grundstein für eine neue Schule.
Bislang gab es in Ramadeen nur eine alte Schule mit zwei Klassenräumen. "Die Schüler aus der Umgebung wurden teils in Doppelschichten, teils in provisorisch umfunktionierten Räumen unterrichtet", erzählt Hisham Sharabati von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die das Schulprojekt betreut. Das Dorf liegt im sogenannten C-Gebiet des israelisch besetzten Westjordanlands. Die C-Gebiete werden vollständig von Israel kontrolliert: Das bedeutet, dass für jedes Bauvorhaben eine Baugenehmigung von den israelischen Behörden nötig ist. Doch diese werden selten für Palästinenser erteilt.
Mühsame Diplomatie für Schulbau
Zum Bau der Schule im Beduinendorf Ramadeen kam es erst nach diplomatischen Anstrengungen auf höchster Ebene: So verhandelte der Gesandte des Nahost-Quartetts Tony Blair mit der israelischen Regierung seit 2011 über ein größeres Schulprojekt. Dann wurden die Einzelprojekte per Schnellverfahren genehmigt. Mehrere ausländische Geldgeber können nun den Aus- oder Neubau von 21 Schulen fördern. "Dieses Schulprojekt ist deshalb so schnell genehmigt worden, weil alle internationalen Geber gemeinsam daran gearbeitet haben", sagt Entwicklungsminister Dirk Niebel. "Und diese Genehmigung zeigt, dass man auch im C-Gebiet verkürzte Verfahren haben kann, wenn man sich zusammentut."
Deutschland finanziert die neue Schule nun mit 650.000 Euro. In Zukunft sollen hier bis zu 500 Schüler unterrichtet werden. Entwicklungsminister Niebel wertet dies als ein Signal der Hoffnung für die Kinder. "Wenn es hier keine Bildungsmöglichkeiten gibt, dann müssen die Kinder entweder ohne Bildung auskommen oder sich in andere Regionen des Landes begeben. Wir wollen auch diesen Kindern eine Chance geben.“
Über 40 Prozent aller Palästinenser sind jünger als 15 Jahre. Deutschland hat in den vergangenen Jahren den Neubau und die Renovierung von mehr als 100 Schulen im Westjordanland und im Gazastreifen gefördert.
EU-geförderte Solarprojekte vom Abriss bedroht
Ein anderer Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in dieser Region ist der Abwasser- und Abfallsektor. Hier gilt Deutschland gar als einer der größten bilateralen Geldgeber. In Nablus im Westjordanland hat Entwicklungsminister Niebel am Montag (08.07.2013) eine mit deutscher Hilfe gebaute Kläranlage eröffnet.
Doch bei anderen Entwicklungsprojekten gibt es auch Probleme. Während die Grundsteinlegung für die neue Schule in Ramadeen gefeiert wird, sieht es nur wenige Kilometer weiter anders aus. In der Gegend von Susyia südlich von Hebron sind mehrere von der EU geförderte Entwicklungsprojekte vom Abriss bedroht. Hier stehen kleine Solar-und Windkraftanlagen, die Strom für die palästinensische Landbevölkerung liefern. Anders als die umliegenden jüdischen Siedlungen sind die Beduinendörfer nicht an das Strom- und Wassernetz angeschlossen. Die Europäische Union hatte den Bau der Anlagen unterstützt und das Auswärtige Amt hat mehrere Hunderttausend Euro investiert. Aus Sicht der israelischen Militärverwaltung (COGAT) wurden die Anlagen aber ohne die nötigen Genehmigungen errichtet, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme: "Die internationale Unterstützung für diese Art von Aktivität gibt keine Immunität vor der Vollstreckung von Gesetzen.“
Für den israelischen Aktivisten und Physiker Elad Orian von der Organisation Comet-ME, der die Anlagen gemeinsam mit den Dorfbewohnern aufgebaut hat, sind die neuen Abrissdrohungen eine Grundsatzfrage: "Natürlich geben die israelischen Behörden nie Genehmigungen. Es werden jetzt langwierige legale und bürokratische Verhandlungen folgen. Im Grunde erkennen sie es nicht an, dass diese Dorfgemeinschaften ein Recht haben, hier zu leben." Entwicklungsminister Niebel hat bei seinem Besuch Hilfe angeboten. "Wir sind davon ausgegangen, dass die Vereinbarungen des vergangenen Jahres und der Bestandsschutz für die bereits begonnenen Projekte auch gilt", sagte der Minister in Jerusalem. Bei Gesprächen mit seinen israelischen Partnern habe er daran erinnert. Zwei der von Deutschland geförderten Anlagen könnten demnach erhalten bleiben.