Deutsche Bank: Eine lange Geschichte von Skandalen
20. September 2020Zuletzt war es ruhig geworden um die Deutsche Bank. Keine neuen Anschuldigungen, keine weiteren Strafzahlungen. Die neue Führung der Bank um den seit Frühjahr 2018 an der Spitze stehenden Christian Sewing schien geschafft zu haben, wonach man sich in den Hochhäusern der Bank in der deutschen Finanzmetropole Frankfurt am Main lange gesehnt hatte: Ruhe an der Front und das dringend notwendige Umbauprogramm durchziehen. Doch mit der Ruhe dürfte es nun nach Bekanntwerden der sogenannten FinCEN Files und der Rolle der Deutschen Bank dabei wieder vorbei sein.
Seit dem Ausbruch der Weltfinanzkrise 2007/2008 hatte das führende deutsche Geldhaus mit seiner immerhin 150 Jahre langen Geschichte vielfach für negative Schlagzeilen gesorgt. Ein Überblick über die größten Skandale:
Hypothekengeschäfte in den USA
Sogenannte Subprime-Kredite gelten als Auslöser der Weltfinanzkrise. Schlecht abgesicherte Hypotheken von US-Hauskäufern wurden auch von der Deutschen Bank aufgekauft, in extrem komplexe Finanzprodukte gebündelt, mit Top-Ratings versehen und als sichere Anlageprodukte an Banken weiterverkauft. Als der Markt zusammenbrach, wurden die Bonds auf einen Schlag wertlos. Dabei hatte die Deutsche intern längst auf einen Crash gewettet - und damit viel Geld verdient. Im Jahr 2013 wurde die Bank zu einer ersten Strafe verurteilt; sie musste 1,9 Milliarden Dollar an die beiden damals verstaatlichten US-Baufinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae zahlen. 2017 dann einigte sich die Bank mit den US-Behörden auf einen Vergleich. Zunächst standen 14 Milliarden Dollar in Rede - das hätte die Deutsche Bank in den Ruin getrieben. Am Ende flossen 7,2 Milliarden Dollar.
Geldwäsche in Russland
Noch während die Bank mit den US-Behörden verhandelte, wurde 2015 ein weiterer Skandal bekannt, wenn auch in deutlich kleinerem Rahmen. Die Bank hatte nach Erkenntnissen der Ermittler seit 2011 mittels Aktiengeschäften Schwarzgeld in russischen Rubel in Höhe von zehn Milliarden Dollar gewaschen. Da es sich um Dollar-Transaktionen handelte, schalteten sich die US-Behörden ein. Strafhöhe in diesem Fall: 600 Millionen Dollar. Die Bank beendete in der Folge ihr Investmentbanking in Russland. Wie sich nunmehr zeigt, war die offenbar nur die Spitze des Eisbergs, die seinerzeit bekannt wurde.
Zinsmanipulationen
Euribor und Libor sind Abkürzungen für bestimmte Referenzzinssätze. Euro Interbank Offered Rate (Euribor) und London Interbank Offered Rate (Libor) zeigen an, zu welchen Konditionen sich Banken untereinander in Euro und anderen Währungen Geld leihen. Sie gelten als wichtige Bezugsgröße für die Zinsen kurzfristiger Kredite und größerer Finanztransaktionen, etwa bei Hypotheken und Derivaten. 2013 verhängte die Europäische Kommission gegen sechs internationale Großbanken eine Strafe von 1,7 Milliarden Euro, weil einige Händler die Zinssätze manipuliert hatten. Den größten Batzen bekam mit 725 Millionen Euro die Deutsche Bank aufgebrummt, später wurde die Bank noch von britischen und US-Behörden zu weiteren 2,5 Milliarden Dollar Strafe verdonnert.
Verstöße gegen US-Iran-Embargo
Deutlich geringer fiel die Strafe aus, die die Deutsche Bank zahlen musste, weil sie nach Ansicht der US-Behörden gegen das bestehende Iran-Embargo der Amerikaner verstoßen hatte. 260 Millionen Dollar waren 2015 fällig, deutlich weniger als die 1,4 Milliarden Dollar, die der Deutsche Bank-Konkurrent Commerzbank wegen derselben Vorwürfe zahlen musste.
Geschäftsbeziehungen zu Jeffrey Epstein
"Es war ein schwerwiegender Fehler, Jeffrey Epstein 2013 als Kunden anzunehmen." So kleinlaut gab sich die Deutsche Bank im Sommer 2020, als die New Yorker Finanzaufsicht eine Strafe von 150 Millionen Dollar gegen das Geldhaus verhängte. Die Deutsche Bank habe Epsteins "furchtbare kriminelle Geschichte" gekannt, trotzdem sei sie bei "regelmäßigen verdächtigen Geldabhebungen" nicht aktiv geworden. Dabei ging es auch um Zahlungen im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Minderjährigen. Der wegen Sexualverbrechen verurteilte Milliardär hatte sich im August 2019 in einer Gefängniszelle das Leben genommen.
Danske Bank
Auch in einem der bis dahin weltgrößten Geldwäscheskandale spielt die Deutsche Bank eine wichtige Rolle - war sie doch die Korrespondenzbank der Danske Bank. Über die Filiale des dänischen Geldhauses in Estland waren zwischen 2007 und 2015 verdächtige Zahlungen im Volumen von rund 200 Milliarden Euro geflossen. Auch hier warf die New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (DFS) den Frankfurtern eine "nicht ausreichende Überwachung seiner Kunden" vor. Mittlerweile hat die Deutsche Bank rund eine Milliarde Dollar in die Verbesserung der internen Kontrollen investiert und die entsprechende Abteilung um über 1500 Mitarbeiter aufgestockt.
Absturz der Aktie
All die Skandale der vergangenen Jahre haben der Bank nicht nur einen erheblichen Verlust an Reputation eingebrockt. Auch der Aktienkurs und damit der Börsenwert ist im Keller. Auf Zehn-Jahres-Sicht hat die Aktie rund 75 Prozent ihres Wertes verloren, auf 20 Jahre gerechnet sogar 85 Prozent. Die Marktkapitalisierung liegt bei dürftigen 16 Milliarden Euro. Einzig wer erst in diesem Jahr Deutsche Bank-Aktien gekauft hatte, darf sich über ein Plus von 25 Prozent freuen. Das aber dürfte sich nach den neuesten Enthüllungen womöglich erledigt haben. Am ersten Handelstag der neuen Woche jedenfalls war die Aktie der Bank mit minus sieben Prozent der größte Verlierer.