Das Universum in der Nussschale
5. Dezember 2014In einer kleinen Vitrine, gleich im ersten Ausstellungsraum, liegen zwei Hälften einer Walnuss mit der Innenseite nach oben. Darin: das schwarze All, mit hellen Punkten gesprenkelt. Die Nuss ist nicht echt, sondern aus Holz geschnitzt. Vielleicht ließ sich der Künstler Peter Sauerer mit seinem kleinen Kunstwerk "Weltbild" ja von Stephen Hawking inspirieren? Denn der bekannte Astrophysiker schrieb 2002 das Buch "Das Universum in der Nussschale". Darin stellt er sich elementaren Fragen des Lebens: Wo kommen wir her und gibt es im All noch andere Wesen? Diesen Fragen begegnet man auch auf dem Streifzug durch die Ausstellung "Outer Space" in der Bundeskunsthalle Bonn. Dabei sind die Exponate mal ganz nah an der Wissenschaft, mal wirken sie wie aus den endlosen Weiten des Alls hergeholt.
Ohrenbetäubender Lärm
Spätestens mit Eintritt in den zweiten Raum werden die Besucher mit Wucht in das Ausstellungsthema katapultiert: Mit ohrenbetäubendem Lärm wird auf Großbildleinwand der Start einer Ariane-5-Rakete gezeigt, mitsamt Countdown. Letzeres ist übrigens eine künstlerische Erfindung, um dem Start mehr Dramatik zu verleihen. Der Raketenstart begleitet einen dann - ob gewollt oder nicht - fast durch die gesamte Ausstellung - denn so laut dröhnt es aus den Lautsprechern.
"In der Ausstellung sieht man auch wie die Fiktion die Wissenschaft beeinflusst hat", erklärt Stephan Andreae, Ausstellungsleiter von "Outer Space", im Bezug auf den Countdown. "Es ist bekannt, dass die NASA Scouts nach Hollywood schickt, um herauszufinden, ob die Drehbuchschreiber der Science Fiction-Filme nicht Ideen haben, die von der NASA umgesetzt werden könnten." Dementsprechend dürfen Exponate zu Star Wars, den Alien-Filmen und E.T. auch in dieser Ausstellung natürlich nicht fehlen.
Aber auch Skurrilitäten finden zwischen Fotografien der Sonne und einer Probe Mondstaub Platz. Zum Beispiel eine Bildercollage, die in die Luft springende Menschen zeigt. Zur Verfügung gestellt von Herbert Grönemeyer.
Künstlerischer Höhepunkt
Das Highlight der Ausstellung geht allerdings an die Kunst, nicht an die Wissenschaft. "Die meisten Besucher bleiben bei der Arbeit '0' vom japanischen Künstler Masuyama hängen", verrät Andreae. Dabei handelt es sich um eine Kugel aus Kirschbaumholz, die aus 4000 Einzelteilen zusammengesetzt ist. Die Kugel ist mit 30.000 Löchern durchbohrt, die den nördlichen und südlichen Sternenhimmel nachbilden. Wenn man hereinkriecht, hat man im Inneren nach kurzer Gewöhnungszeit das Gefühl, im Weltraum zu schweben. Ein Wachmann habe das Erlebnis folgendermaßen zusammengefasst: "Das wöchentlich zehn Minuten lang erleben - und wir hätten glücklichere Menschen."
Perfekter Zeitpunkt
Abgesehen von solchen Höhepunkten ist der Zeitraum der Ausstellung (3. Oktober 2014 bis 22. Februar 2015) perfekt gewählt. Die Rosetta-Mission, mit der Landung des Forschungsroboters "Philae" auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko am 12. November 2014, wird auch thematisiert. Die Landung wure live in der Bundeskunsthalle übertragen. Und: Die sehr medienwirksame Blue Dot-Mission des deutschen Astronauten Alexander Gerst ist ein weiterer Vorteil für die Ausstellung. Am 8. Dezember wird Gerst die Bundesbiene, die er zur ISS mitgenommen hatte, zur Ausstellung zurückbringen. Ist "Outer Space" also das Ergebnis einer perfekten Planung? Stephan Andreae schüttelt den Kopf und lacht: "Nein. Ich gebe offen zu, das war alles völliger Zufall."