Das neue Milliarden-Geschäft mit Abgasen
1. Januar 2005Egal, ob Flugzeugbauer, Milchverarbeiter, Betonkonzern, Stahlkocher, Ölraffinerie oder Wärmekraftwerk: Alle produzieren klimaschädliche Abgase. Kaum ein größeres Unternehmen in Deutschland kommt deshalb um den Emissionshandel herum. Insgesamt sind etwa 1700 Unternehmen betroffen: Zusammen müssen sie ihren Ausstoß von 505 Millionen Tonnen Treibhausgasen auf 495 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren.
Händler und Börsen
Dabei hat jedes einzelne Unternehmen genaue Vorgaben, wie viel Treibhausgase es ausstoßen darf. Wenn eine Firma zu viel CO2 produziert, muss sie weitere Emissionsrechte kaufen. Entweder direkt bei einer anderen Firma, bei einem Mittelsmann, einem Broker, oder im Großhandel bei einer Börse oder ähnlichen Handelsplattformen.
Etwa ein halbes Duzend Börsen in Europa hofft darauf, ein möglichst großes Stück von dem neuen Milliarden-Geschäft abzubekommen. Darunter ist unter anderen die European Climate Exchange aus Amsterdam, ein Gemeinschaftsprojekt der Londoner Ölterminbörse International Petroleum Exchange und der Chicago Climate Exchange aus den USA. In Deutschland ist die Leipziger Strombörse EEX (European Energy Exchange) am Start und möchte ähnlich wie beim Handel mit Strom auch hier Marktführer werden.
Leipziger EEX
Bereits seit März 2004 veröffentlicht die EEX jeden Tag den Preis für die Tonne CO2. Im Dezember 2004 lag er bei rund 8,50 Euro. Der Handel findet aber noch nicht bei der Börse, sondern über unabhängige Händler statt. Trotzdem konnte sich die EEX schon so als Referenz etablieren. Nicht der einzige Vorteil der EEX im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten. "Dazu kommt, dass Deutschland naturgemäß durch die große Einwohnerzahl auch den größten Heimatmarkt für Emissionsrechte darstellen wird. 25 Prozent der gesamten Emissionsrechte in der Europäischen Union werden in Deutschland zugeteilt", sagt Stefan Nießen von der EEX.
Verzögerungen
Richtig beginnen kann der Börsen-Handel voraussichtlich erst Ende Februar, wenn das Register der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt voll funktioniert. Erst dann können die Rechte von einer auf eine andere Firma übertragen werden. In anderen Ländern der EU wird sich der Handel noch stärker verzögern. Neun Staaten, darunter Griechenland, Italien und Polen, haben überhaupt noch keine Emissionsrechte zugeteilt.
Entwicklungsländer
Gehandelt werden können in Zukunft auch Gutschriften aus Klimaprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Vor allem die Niederlande engagieren sich im so genannten Clean Development Mechanism (CDM). So hat der holländische Strombetreiber Essent bereits einen Windpark in Tejona in Costa Rica aufgebaut. Den umweltfreundlichen Strom der Windturbinen kann sich Essent in Form von Handelszertifikaten anrechnen lassen und auch weiterverkaufen.
Globaler Klimaschutz
Auch die deutsche BASF unterstützt Projekte in Entwicklungsländern, allerdings nicht direkt, sondern über einen Fonds der Weltbank. Es sei egal, wo man CO2 spare, sagt Dirk Drechsel von BASF. "Wenn ich eine Tonne in China spare, ist das genauso viel wert wie eine Tonne hier in Europa. Das Grundprinzip des Emissionshandels ist, die günstigste Reduktionsmöglichkeit global zu suchen."
Das Ziel bleibt klar: Beim Emissionshandel geht es darum, das Klima möglichst kostengünstig zu schützen. Die EU-Kommission schätzt, dass der Emissionshandel pro Jahr bis zu drei Milliarden Euro sparen kann. Aus diesem Grund kostet der Klimaschutz mit Emissionshandel nur halb so viel wie ohne. Und deshalb lohnt sich das Projekt.