Globaler Schmutzfink USA
18. Dezember 2004Der US-amerikanische Unterhändler beim Weltklimagipfel in Buenos Aires verstand die Welt nicht mehr. Wieso, gab sich Harlan Watson ganz unschuldig, gelten wir beim Klimaschutz eigentlich immer als die "bad guys", die bösen Buben? Diese Frage stellte Watson zu Beginn der zehnten Vertragsstaatenkonferenz in Argentinien - am Ende bemühten sich die Vereinigten Staaten bei Kräften, selbst die Antwort zu geben und ihrem schlechten Ruf als globaler Schmutzfink gerecht zu werden.
Jedweder Versuch seitens der Europäischen Union und auch der Entwicklungsländer, mit den Vereinigten Staaten über den Klimaschutz nach 2012, also nach Ablauf des Kyoto-Protokolls, zu reden, scheiterte. Die USA halten klimapolitisch den Ball lieber weiter flach, will heißen: hier ein wenig forschen, dort ein wenig Informationen über bereits begonnene Umweltprojekte austauschen.
Bröckelt die europäische Umweltfront?
So viel zu den Anstrengungen eines Landes, dass mit fünf Prozent der Weltbevölkerung für 25 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. War die Rolle der "bad guys" in Argentinien schon recht schnell besetzt - neben den USA die bösen Buben aus Saudi-Arabien, die Hilfe für den Fall verlangten, dass die Erdölpreise weiter sinken - entwickelte sich die Suche nach den "Guten" auf dem Weltklimagipfel schon etwas schwieriger. Die Europäer, die gern die Vorreiterrolle im Klimaschutz für sich reklamieren, hielten sich anfangs stark zurück, um ja nicht die USA zu verprellen. Am Ende riss den Verhandlungsführern der EU angesichts der rigiden Blockadehaltung der Vereinigten Staaten der Geduldsfaden.
Die Gefahr besteht, dass die europäische Umweltfront durch die US-amerikanische Haltung zu bröckeln beginnt und sich einige Staaten hinter dem breiten Rücken Washingtons verstecken. So verkündete der italienische Umweltminister Altero Attioli, ein weltweiter Klimaschutz nach 2012 sei ohne die USA, China und Indien nicht möglich. Von daher solle doch in Zukunft global auf freiwillige Verpflichtungen verzichtet werden. Der deutsche Bundesumweltminister Jürgen Trittin nahm diese Aussage erstaunt zur Kenntnis - ein vereintes starkes Europa als Motor im weltweiten Klimaschutz sieht allerdings anders aus.
Rückschlag im Kampf gegen die globale Erwärmung
Und die Entwicklungsländer ? Ausgerechnet die reichen Saudis blockierten mit ihrer Forderung nach Kompensation für einen möglichen geringeren Weltverbrauch von Erdöl eine Einigung für wirklich bedürftige und arme Staaten - und mussten sich von Argentinien den Vorwurf gefallen lassen, eine reine Verzögerungs- und Blockadetaktik zu fahren. Die Gastgeber indes versuchten Bewegung in den etwas stotternden Klimazug zu bringen - durch die Idee, vor der elften Klimakonferenz Ende nächsten Jahres zwei Seminare abzuhalten, um Kyoto-2, also ein internationales verbindliches Klimaschutzabkommen nach 2012, langsam fest zu klopfen.
Dann werden vor allem auch die Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien gefordert sein, die immerhin in Buenos Aires grundsätzlich anerkannten, dass auch sie in Zukunft einen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen leisten müssen. Die optimistischen Verhandlungsteilnehmer hatten vom Umweltgipfel erwartet, den Schwung aufzunehmen vom Startschuss für den europäischen Emissionshandel am 1. Januar und vom Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls am 16. Februar. Die Realisten unter ihnen hofften zumindest auf die erkennbare Bereitschaft aller, sich künftig auf ein geordnetes System einzulassen. Am Ende hatten vielleicht doch die Pessimisten recht: Nicht zuletzt wegen der "bad boys" droht Buenos Aires eher zu einem Rückschlag im Kampf gegen die globale Erderwärmung zu werden.