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Umweltpolitik im erweiterten Europa

Jens Thurau, Berlin10. Juni 2004

Die Natur in Europa ist in schlechtem Zustand. Vor der Europawahl appellieren deutsche Umweltschützer an die kommenden Parlamentarier in Straßburg, die Ökologie ins Zentrum der nächsten Legislaturperiode zu setzen.

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Problemfall: Kraftwerke älterer BauartBild: AP


Der Umwelt muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ziele gibt es genug, sagte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Hubert Weinzierl, vor kurzem auf einer Konferenz: Bei der Förderung sanfter Energien gibt es ambitionierte Vorgaben, auch der Wunsch, den Artenverlust bis 2010 zu stoppen, klingt gut. In der Umsetzung aber hapert es oft. Und die zehn Staaten, die jetzt beigetreten sind, steigern den Stellenwert der Umweltpolitik auch nicht automatisch.

Erweiterung mit Problemen?

"Im Zuge der Osterweiterung wird es Probleme geben, dass zwar die Beitrittstaaten mittlerweile sich den EU-Standards angenähert haben, aber der Vollzug doch noch zu wünschen übrig lässt", so Weinzierl. "Andererseits ist mit der Erweiterung die Chance verbunden, dass es in den neuen EU-Ländern hervorragende Naturgebiete gibt."

Polen etwa oder Tschechien bekennen sich zur Nutzung der Kernenergie, wobei es sich bei den Kraftwerken zumeist um ältere Modelle russischer Bauart handelt. Weinzierl sieht hier die Gefahr, dass durch den Austausch alter Anlagen durch neue westliche Bautypen die Kernenergie insgesamt wieder salonfähig wird.

Vernachlässigte Umweltpolitik

Stefan Scheuer vom Europäischen Umweltbüro, das in Brüssel zahlreiche Umweltgruppen vertritt, will künftig einen Schwerpunkt auf die Chemikalienpolitik werfen. 25 Jahre lang habe die EU ihre Bemühungen auf diesem Gebiet vernachlässigt, längst könnten wesentlich mehr krebserregende Stoffe durch unbedenklich Ersatzstoffe ersetzt worden sein, als dies derzeit der Fall ist.

Und für rund 90 Prozent aller Chemikalien gebe es gar keine Sicherheitsinformationen. "In den letzten 70 Jahren ist der Einsatz von Chemikalien vierhundertmal verstärkt worden, von eine Million Tonnen auf vierhundert Millionen Tonnen", erklärt Scheuer. "Und dabei haben wir kein öffentlich verfügbares Wissen über die Sicherheit dieser Chemikalien haben."

Klimaschutz auf Tagesordnung nehmen

In Sachen Klimaschutz fordern die Umweltschützer die EU auf, ihrer internationalen Vorreiterrolle gerecht zu werden und neue, ehrgeizige Ziele zu formulieren: 30 Prozent weniger Kohlendioxid bis 2020. Schwer genug: Denn schon das Ziel, bis 2010 acht Prozent der Treibhausgases einzusparen, droht zu scheitern. Überraschend schlecht weg kommen die deutschen EU-Parlamentarier im Urteil der Naturschützer.

"Generell muss man sagen, dass das europäische Parlament umweltfreundlich ist und die Vorschläge der EU-Kommission und die Gesetzesinitiativen verbessert hat", sagt Stefan Scheuer. "Aber es gibt zwischen den Ländern sehr große Unterschiede, und Deutschland ist leider ein Schlusslicht. Die Abgeordneten im Europäischen Parlament zählen nicht zu den sehr umweltfreundlichen", so Scheuer weiter.

Der Grund: Ein Großteil der europäischen Firmen der Chemieindustrie kommen aus Deutschland, die intensive Lobby-Arbeit dieser Konzerne in Straßburg und Brüssel zeige deutliche Wirkung.