Corona-Impfung: Wie geht es jetzt weiter?
15. Dezember 2020Wann sind die Impfstoffe in der EU erhältlich?
Gerade mal elf Monate nach Bekanntwerden des neuartigen Corona-Virus wird der Impfstoff von BioNTech/Pfizer bereits in Großbritannien gespritzt. Die anderen ehemaligen EU-Partner müssen sich nicht mehr ganz so lange gedulden: Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat jetzt eine Sitzung für den 21. Dezember angekündigt. Bei dieser soll über die Entscheidung über die Zulassung des Corona-Impfstoffs von BioNTech und Pfizer berichtet werden. Ursprünglich war diese Sitzung für den 29.12. geplant. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat am 15. Dezember bereits eine Zulassung vor Weihnachten in Aussicht gestellt.
Und über eine Zulassung des Impfstoffs von US-Konkurrenten Moderna wird die EMA am 12. Januar entscheiden. Hierbei geht es immer um bedingte Zulassungen. Die jeweiligen Phase III Studien zu den Impfstoffen laufen unterdessen noch weiter.
Da die Unternehmen parallel bereits millionenfach Impfdosen produziert haben, können die Impfstoffe unmittelbar nach der Zulassung in der ganzen Europäischen Union - bemessen nach der jeweiligen Bevölkerungsgröße - verteilt werden.
Trotz aller Eile: Zugelassen werden die Impfstoffe nur, wenn sich nach dem bis dahin vorliegenden Stand der Forschung wirklich sicher und wirksam sind. Das gilt natürlich auch für all die anderen Impfstoffe, die bald verfügbar sind, wie der des britisch-schwedischen Konzern AstraZeneca oder die Impfstoffe Sinovac bzw. Sinopharm aus China.
Wer wird zuerst geimpft?
Auch wenn sich die EU bereits im Vorfeld Millionen von Impfdosen bei den verschieden Herstellern gesichert hat, werden in den ersten Monaten definitiv nicht ausreichend Vakzine vorhanden sein. Dafür ist der Bedarf einfach zu groß, zumal nur eine Zweifach-Impfung einen zuverlässigen Impfschutz gegen das aggressive Corona-Virus sicherstellt.
Entsprechend müssen die Impfdosen so eingesetzt werden, dass sie gesamtgesellschaftlich den "größten Nutzen" haben. Wissenschaft und Politik mussten also sicherstellen, dass nicht diejenigen zuerst geimpft werden, die am meisten Geld haben oder sich selber für besonders wichtig halten, sondern die eine Impfung aus gesamtgesellschaftlichen Gründen am nötigsten haben.
In einem gemeinsamen Positionspapier schlagen der Deutsche Ethikrat, die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und die am Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelte Ständige Impfkommission (Stiko) vor, dass vorrangig Menschen geimpft werden sollten, die wegen ihres Alters und wegen Vorerkrankungen ein stark erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.
Außerdem sollen Beschäftigte im Gesundheitsbereich, die aus beruflichen Gründen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, und Menschen in staatlich und gesellschaftlich wichtigen Bereichen wie Polizisten und Rettungskräfte, aber auch Lehrer und Erzieher bevorzugt geimpft werden.
Wie werden so viele möglichst schnell geimpft?
Schon die Impfung dieser Gruppen wird eine gewaltige Herausforderung. Unter Hochdruck werden in allen Bundesländern zentrale Impfzentren errichtet, in denen in den kommenden Wochen möglichst viele Menschen geimpft werden, so denn ausreichend Impfstoff vorhanden ist.
Trotzdem werden sich die Impfungen monatelang hinziehen. Selbst wenn tatsächlich jeden Tag 100.000 Menschen geimpft würden, bräuchte es 150 Tage, um 15 Millionen Menschen zu impfen.
Außerdem brauchen all diese Menschen ja auch noch die zweite Impfung, um wirklich einen Impfschutz zu haben.
Und auch wenn die Impfungen im Lauf des Jahres aus den Impfzentren in die Arztpraxen verlagert werden, können die Impfungen laut Stiko bis Ende des kommenden Jahres in Deutschland sicherlich nicht abgeschlossen sein.
Wird es eine Corona-Impfpflicht geben?
Viele fiebern einer Corona-Impfung entgegen. Es gibt aber auch viele Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, weil sie etwa den schnell entwickelten Impfstoffen misstrauen, weil sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können oder weil sie Impfungen generell kritisch gegenüber stehen. Laut Umfragen will sich rund die Hälfte aller Deutschen nicht impfen lassen.
Trotzdem schließen die Verantwortlichen bislang eine Impfpflicht in Deutschland aus. Lediglich für Beschäftigte im Gesundheitswesen, die engen Kontakt zu Risikopatienten haben, sei eine Corona-Impfpflicht vorstellbar.
Für die Zukunft aber ist es durchaus möglich, dass auch für Beschäftige in anderen "systemrelevanten Bereichen" eine Corona-Impfung verpflichtend wird. Experten prüfen derzeit, ob Arbeitgeber auch in anderen Bereichen ihre Arbeitnehmer zu einer Impfung verpflichten können, wenn für den Arbeitsplatz nur geimpfte Personen in Frage kommen, was der Arbeitgeber allerdings stichhaltig begründen muss.
Die meisten europäischen Länder setzten ebenfalls darauf, dass sich möglichst viele freiwillig impfen lassen. Weltweit jedoch gibt es viele Länder, in denn schon jetzt eine Impfpflicht gegen die üblichen Kinderkrankheiten, gegen Hepatitis A und B, Rotaviren, Diphtherie, Tetanus und Gelbfieber gilt. Gut möglich also, dass dort auch eine Corona-Impfung verpflichtend wird.
Selbst in den USA ist eine verpflichtende Corona-Impfung nicht ausgeschlossen. Allerdings würde die Verordnung weniger auf Bundesebene als von den jeweiligen Bundesstaaten erlassen.
Kommt die Impfpflicht durch die Hintertür?
Wahrscheinlicher als eine generelle Impfpflicht ist, dass künftig eine Corona-Impfung schlicht zur Voraussetzung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird.
So gibt es bereits intensive Debatten, das man künftig ohne Impfung nicht mehr Bars, Clubs, Restaurants, Fitnessstudios, Sportstätten oder Konzerte besuchen darf.
Die britische Regierung plant zusammen mit dem Impfprogramm einen "Normales-Leben-Pass", ohne den es freilich zahlreiche Beschränkungen geben dürfte. Die Australische Airline Quantas nimmt bei Interkontinentalflügen künftig nur noch Geimpfte mit, andere Fluglinien oder Kreuzfahrtschiffe könnten folgen.
Rechtlich ist das wohl legitim, denn für private Unternehmen gilt der Rechtsgrund der Vertragsfreiheit. Auch z.B. in der Gastronomie kann der Besitzer von seinem Hausrecht Gebrauch machen und Einlassbeschränkungen verhängen.
Bei staatlichen Unternehmen oder Einrichtung wie etwa der Bahn ist das jedoch etwas anderes. Aufgrund der Beförderungspflicht müsste die Bahn zum Beispiel auch Nicht-Geimpfte transportieren, möglicherweise jedoch in separaten Waggons.
An öffentlichen Schulen und Kitas soll in Deutschland keine generelle Corona-Impfpflicht - so wie sie für Masern seit diesem März besteht - eingeführt werden. Wenn die Schulen oder Kitas allerdings in privater Trägerschaft sind, kann der Träger sehr wohl eine Corona-Impfpflicht einführen.
Dieser Artikel vom 2.12.2020 wurde zuletzt am 15.12.2020 aktualisiert.