Im Kino: "The Great Wall"
12. Januar 2017Amerikaner und Chinesen hatten sich das so schön ausgedacht. Um die Einnahmen aus dem globalen Filmgeschäft zu steigern, haben sich Produktions-Firmen aus beiden Ländern zusammengetan und das 150-Millionen-Dollar-Projekt "The Great Wall" auf die Beine gestellt. Der Film sollte ein neues Zeitalter einläuten. Beide Nationen sollten etwas davon haben - eine klassische Win-Win-Situation: Hollywood könnte profitieren, weil der chinesische Markt der zweitgrößte der Welt ist, dort also lukrative Einspielergebnisse zu erwarten sind; China, weil mit der US-Kooperation ein weiterer Schritt hin zum globalen Player im milliardenschweren Kinogeschäft vollzogen wäre.
Unsicherheit nach Donald Trumps Triumph
Doch ausgerechnet in dem Moment, in dem "The Great Wall" in die Kinos kommt (in China lief er im Dezember an, anschließend in vielen europäischen und asiatischen Ländern, in den USA startet er erst am 17.2.), betritt der neue Präsident Donald Trump die Weltbühne. Das könnte den ehrgeizigen chinesischen und amerikanischen Film-Investoren einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Trump wettert derzeit heftig gegen China, kokettiert mit einem Handelskrieg.
Und dann ist da ja auch noch der gerade eskalierende Zorn des künftigen Präsidenten gegen das Hollywood-Establishment. Dass sich Trump demnächst ausgerechnet für Hollywood einsetzt und eine amerikanisch-chinesische Zusammenarbeit in Sachen Film & Kino vorantreibt, scheint derzeit ausgeschlossen. Düstere Aussichten also für das ganz große Geschäft.
Stars und Geld aus beiden Ländern
Am 12.1.2017 startet "The Great Wall", die bisher teuerste chinesisch-amerikanische Co-Produktion, auch im Deutschland. Inszeniert hat den Film der chinesische Starregisseur Zhang Yimou, die meisten Schauspieler sind Chinesen. Das Drehbuch stammt vor allem von Hollywood-Profis, und mit Matt Damon und William Dafoe wurden zwei Stars des US-Kinos als Darsteller engagiert. Gedreht wurde in englischer Sprache - aber auf chinesischem Boden.
Das Budget von stolzen 150 Millionen Dollar teilten sich nicht weniger als fünf amerikanische und chinesische Produktionsfirmen, wobei die beteiligte US-Firma "Legendary Entertainment" unlängst von Wang Jianlin, dem Chef des mächtigen chinesischen Wanda-Konzerns, aufgekauft wurde.
In "The Great Wall" geht es weniger um eine faktengesättigte historische Story über die chinesische Mauer als um ein in 3D-Technik hergestelltes action- und fantasybetontes Kinospektakel mit vielen digitalen Special-Effects. Eine Handvoll europäische Söldner mit Matt Damon an der Spitze macht sich im 11. Jahrhundert auf die Suche nach dem von Chinesen erfundenem Schwarzpulver und kämpft, gemeinsam mit der chinesischen Armee, gegen das Böse - und das besteht vor allem aus großen drachenartigen Monstern. "The Great Wall" ist digitales Popcornkino mit endlosen Kampfszenen ohne viel Tiefgang, ein Blockbuster, der sich Tricks und dramatisches Details aus vielen anderen Populärfilmen zusammengeklaubt hat - künstlerisch ein Fiasko.
In China dürfen nur 34 US-Filme pro Jahr laufen
Doch um Kunst ging es den chinesischen und amerikanischen Filmemachern zuallerletzt. "The Great Wall" soll vor allem Kasse machen, in den USA, in China, weltweit.
Auf dem chinesischen Markt ist das bisher keine Selbstverständlichkeit für Hollywood-Produzenten. Noch immer führen die chinesischen Kulturbehörden ein striktes Regiment, wenn es um den Einsatz ausländischer Filme geht. Nur 34 Leinwandwerke aus den USA dürfen jährlich in den chinesischen Kinos gezeigt werden. Welche das sind und zu welcher Jahreszeit sie laufen, all das wird von der Medienbehörde (SARFT) in Peking eisern geregelt. Auch die Zensur hat ein Wörtchen mitzureden. Wenn in einem Hollywood-Filmen zu viele Fäkalausdrücke vorkommen, wenn er zu brutal ist oder gar zu viel Sex auf die Leinwand bringt, dann hat er kaum Chancen, gezeigt zu werden.
China könnte demnächst an den USA als profitabelste Kinonation vorbeiziehen
Zwar diskutiert man in letzter Zeit über eine leichte Anhebung des US-Anteils am Filmmarkt, doch das ganz große Geld wäre auch damit nicht zu machen. Wenn nämlich Chinesen an einer solchen Kino-Produktion beteiligt sind, gilt der Film nicht als ausländisches Produkt. So können auch chinesische Investoren und Produzenten profitieren. Für die Amerikaner ist China sowieso der Markt der Zukunft. Wie in anderen Wirtschaftsbranchen erobert das "Reich der Mitte" auch im Unterhaltungsbereich einen Spitzenplatz: Noch sind die USA die profitabelste Kinonation der Welt, Experten prognostizieren aber, dass der rasant wachsende Kino-Markt in China die USA schon in Kürze ablösen wird.
In China werden jeden Tag über 20 neue Kinos eröffnet. Da die großen Hollywood-Studios inzwischen vielmehr auf Auslandseinnahmen angewiesen sind als früher, ist der chinesische Markt fast schon ein Muss. Ein mit vielen Millionen produzierter US-Blockbuster lässt sich ohne die Einnahmen aus den chinesischen Kinos kaum noch refinanzieren. Deshalb das Bestreben, gemeinsame Sache zu machen.
Zahlreiche chinesisch-amerikanische Joint Ventures
Auf der anderen Seite versuchen chinesische Investoren, Fuß auf dem amerikanischen Markt zu fassen. Der chinesische Konzern "Alibaba" kooperiert seit vergangenem Herbst mit Steven Spielbergs Firma "Amblin Partners". "Warner Bros.", "Sony" und "Universal" hatten schon vorher ihre Fühler nach China ausgestreckt und fanden dort bereitwillige Partner. Es ist auch kein Gerücht, dass Kino-Mogul Wang Jianlin Interesse an einem der großen Hollywood-Studios hat. Sein "Wanda"-Konzern ist schon jetzt Filmtheater-Weltmarktführer und besitzt viele US-Kinos. Als jüngster Coup gelang "Wanda" die Übernahme der US-Firma, die die "Golden Globe"-Show produziert.
Die chinesischen Initiativen stoßen aber auch auf Widerstand amerikanischer Politiker. Mitglieder des Abgeordnetenhauses plädierten jüngst dafür, künftige chinesische Investitionen im Unterhaltungsbereich strenger zu prüften. Und dass Donald Trump den als China-Kritiker geltenden Peter Navarro zum Vorsitzenden des Nationalen Handelsrates berufen hat, dürfte bei amerikanischen und chinesischen Kino-Investoren zu tiefen Sorgenfalten führen.
Offene Zukunft: Handelsschranken oder Zusammenarbeit?
Ob Trump deren ehrgeizigen Pläne tatsächlich behindern will, bleibt aber abzuwarten. Schließlich hängen von der US-Filmindustrie auch viele Arbeitsplätze im eigenen Land ab. Das weiß auch Donald Trump. Ob Trump jetzt tatsächlich eine große Mauer zwischen den Handelsnationen USA und China errichten wird, ist offen. Zunächst hoffen nun erst einmal die Macher von "The Great Wall", dass sich die millionenschwere Kinoproduktion bei den Zuschauern durchsetzt.