Ein symbolischer Prozess
25. April 2017In Burkina Faso ist die Stimmung gedrückt. Die Bevölkerung wartet nicht nur vergeblich auf Reformen, sondern auch auf den am Donnerstag beginnenden Gerichtsprozess gegen Ex-Staatschef Blaise Compaoré. Die Bürgerbewegung "Le Balai Citoyen" ("Besen der Bürger") hatte ihn 2014 mit einem Aufstand buchstäblich aus dem Amt gefegt. Dabei starben 33 Menschen.
Für ihren Tod soll sich der frühere Präsident Compaoré in dem anstehenden Gerichtsprozess in der Hauptstadt Ouagadougou verantworten. Er war 2014 nicht nur Präsident, sondern auch Verteidigungsminister. In dieser Rolle soll er das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten befohlen haben. Doch Compaoré wird bei dem Prozess nicht anwesend sein. Nach dem Aufstand floh er ins Nachbarland Elfenbeinküste. Von dort stammt seine Frau. Mittlerweile ist er auch ivorischer Staatsbürger.
Prozess ohne Angeklagte
"Das ist ein symbolischer Prozess", sagt Elke Erlecke, Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Elfenbeinküste. "Auch wenn es ein deutliches Urteil geben sollte, ist sich jeder in Burkina Faso bewusst, dass es nicht gegen einen ivorischen Staatsbürger durchgesetzt werden könnte.
Denn eine Auslieferung Compaorés gilt als unsicher - selbst bei einem Schuldspruch. Neben Compaoré sind auch andere Mitglieder seiner damaligen Regierung angeklagt, darunter Ex-Premierminister Luc Adophe TiaCio. Sieben Politikern wird in Abwesenheit der Prozess gemacht.
Die Euphorie ist vorbei
1987 hatte Compaoré den damaligen Staatschef Thomas Sankara gestürzt. Mindestens 100 Menschen kamen bei dem Putsch ums Leben. Darunter war auch Sankara selber. Bis heute halten sich Gerüchte, dass Compaoré am Tod seines Vorgängers beteiligt war. Später gab Compaoré dem Druck der Opposition nach, ließ Oppositionsparteien zu und stellte sich zur Wahl. Zweimal wurde er im Amt bestätigt. 2014 wollte er die Verfassung ändern, um ein drittes Mal als Präsident antreten zu können. Der damalige Volksaufstand setzte seinen Plänen ein Ende. Compaoré trat ab. Eine Übergangsregierung übernahm.
Doch im September 2014 putsche die Präsidialgarde. Doch nach gut einer Woche kehrte die Übergangsregierung an die Macht zurück. Ende 2015 fanden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Der frühere Premierminister Roch Marc Christian Kaboré wurde neuer Präsident.
Armut und Arbeitslosigkeit
Doch viele Hoffnungen in die neue Regierung sind unerfüllt geblieben. "Der Präsident müsste mal mit dem Volk reden, denn der Vertrauensvorschuss ist verspielt", sagt Erlecke. "Die Versöhnungskommission bemüht sich zwar um die Opfer des vorherigen Regimes, aber auch ein solcher Prozess kann nur von starken Führungspersönlichkeiten der neuen Regierung getragen werden."
Zudem leidet Burkina Faso weiter unter Armut und wachsender Arbeitslosigkeit. Präsident Roch Marc Christian Kaboré versprach bei Amtsantritt auch einen harten Kampf gegen Korruption. Zu seinem Premier ernannte er 2016 den bis dahin wenig bekannten Ökonomen Paul Kaba Thiéba. In der neuen Regierung tauchten nur zwei Politiker aus dem vorherigen Kabinett auf.
"Die Bevölkerung hat wenig Zuversicht, denn der Präsident ist nicht jemand, der das Land mit großem Elan nach vorne bringt", sagt KAS-Repräsentantin Erlecke im DW-Gespräch. "Die Menschen sind zwar freier und es gibt eine bessere Diskussionsstruktur, aber es fehlt an wirtschaftlichen Reformen. Es herrschen 30 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Das Land braucht mehr Bildung, Infrastruktur, Wasser und Strom."
Auch die "Le Balai Citoyen" Bewegung will der politischen Stagnation nicht mehr lange tatenlos zusehen. "Es ist das letzte Jahr für diesen Präsidenten", sagt der politische Aktivist Serge Bambara, auch Smockey genannt. Er ist Anführer der Demokratiebewegung, die 2014 zum Sturz Compaorés führte.
"Die Menschen sind enttäuscht, weil die Regierung nur leere Versprechen abliefert." Laut Bambara habe sie zwar einige gute Gesetze erlassen. So könne die Armee nicht mehr in den Wahlprozess eingreifen. Die Präsidialgarde wurde aufgelöst. Auch eine Verurteilung Compaorés könne die Dinge verbessern, meint Bambara. Aber die Regierung müsse deutlich zeigen, dass sie gegen Korruption kämpfen und das Leiden der Menschen beenden wolle. "Bisher ist der Reformprozess für uns zu langsam", so Bambara.